Rz. 4

Die Vorschrift richtet sich in erster Linie an die Krankenkassen bei der Leistungsgewährung und ist auf die Fälle der Leistungsgewährung, also das Leistungsrecht, beschränkt. Sie kann und will also keine Differenzierung nach dem Geschlecht im Versicherungs- oder Beitragsrecht begründen (so auch Bittner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 2b Rz. 15, Stand: 15.6.2020). Die Regelung verlangt, dass geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. Geschlechtsspezifische Besonderheiten sind insbesondere die medizinischen und biologischen Unterschiede von Männern und Frauen in der Anatomie, des Hormonhaushalts, des Stoffwechsels, der Psyche etc.; dies schließt die jeweilige altersgemäße körperliche und seelische Entwicklung ein. Dementsprechend ist auch schon bei der ärztlichen Behandlung und Medikation (ohnehin) auf diese geschlechtsspezifischen Unterschiede abzustellen. Vor dem Hintergrund der Zwecksetzung des Präventionsgesetzes sind aber auch geschlechtsspezifische Besonderheiten und Unterschiede gerade hinsichtlich von Krankheitsrisiken, im Verhalten bezüglich der Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) und des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) als geschlechtsbezogene Besonderheit zu berücksichtigen (verhaltensbezogene Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1).

 

Rz. 5

Die Regelung stellt, anders als z. B. § 19a SGB IV (vgl. Komm. dort) nicht auf die sexuelle Orientierung, sondern allein auf die biologische Zugehörigkeit oder Zuordnung ab. Dafür spricht, neben der sich aus der biologischen Zuordnung ergebenden gesundheitsspezifischen Unterscheidung zwischen Männern und Frauen, insbesondere, dass sich auch in der Gesetzesbegründung keine Aussage zur sexuellen Orientierung und auch nicht zu Trans- oder Intersexuellen befindet (so auch Bittner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 2b Rz. 15, Stand: 15.6.2020). Es erscheint schon fraglich, ob vor dem Hintergrund und der Zwecksetzung des Präventionsgesetzes bei der Prävention nach den §§ 20 ff. die sexuelle Orientierung an sich ein Kriterium für Präventionsleistungen sein kann. Jedenfalls haben Versicherte ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung keinen Anspruch auf Leistungen, die zu einem regelwidrigen körperlichen Zustand führt (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2010, B 1 KR 5/10 R). Ob und in wieweit bei Trans- oder Intersexuellen ein Leistungsanspruch auf (besondere) Präventionsmaßnahmen besteht, werden erst die Festlegungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen nach § 20 Abs. 2 zeigen, die die Krankenkassen bei ihren Satzungsregelungen zu berücksichtigen haben (§ 20 Abs. 1 Satz 3). Insbesondere bei Trans- oder Intersexuellen gelten für die Leistungsansprüche und deren Umfang die allgemeinen, an den Krankheitsbegriff des § 27 anknüpfenden gesetzlichen Regelungen (vgl. BSG, Urteil v. 4.3.2014, B 1 KR 69/12 R).

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