Rz. 15

Der Deutsche Bundestag hat am 25.3.2020 die epidemische Lage von nationaler Tragweite nach einer Pandemiefeststellung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und im Hinblick auf die konkret drohende Einschätzung des neuartigen Coronavirus festgestellt (BT-PlPr. 19/154 S. 19169C). Mit Beschluss v. 18.11.2020 hat er dem Antrag der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD auf Feststellung des Fortbestandes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite zugestimmt (BT-PlPr. 19/154 S. 24109B). Nach der danach erfolgten Neufassung der Norm liegt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite vor, wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht, weil

  1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von nationaler Tragweite ausgerufen hat und die Ansteckung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit oder
  2. eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 5 IfSG ist die Bundesregierung verpflichtet, den Deutschen Bundestag regelmäßig mündlich über die Entwicklung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite zu unterrichten, solange eine epidemische Lage festgestellt ist.

Vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Coronavirus sind gleichzeitig Abs. 3 Satz 2 bis 5 durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (vgl. Rz. 2g) mit Wirkung zum 19.11.2020 durch die Sätze 2 bis 14 maßgeblich geändert und neu strukturiert worden. Dabei wurde der Entwurf (BT-Drs. 19/24232 S. 16) durch den Beschluss des 14. Ausschusses (BT-Drs. 19/24334 S. 56 ff., 92 f.) modifiziert und unterscheidet insbesondere nun in Abs. 3 Satz 2 hinsichtlich der Leistungen in Form von bestimmten Schutzimpfungen (Nr. 1a), bestimmten Testungen (Nr. 1b), und bestimmten Schutzmasken (Nr. 1c). Abs. 3 Satz 3 lässt die Beschränkung des Anspruchs nach Satz 2 auf bestimmte Teilleistungen zu.

2.4.1 Schutzimpfungen (Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a und 2)

 

Rz. 16

Die Änderung in Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a ermächtigt das BMG nunmehr, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Versicherte einen Anspruch auf bestimmte Schutzimpfungen oder auf bestimmte andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe haben. Hinsichtlich der Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gilt dies insbesondere dann, wenn sie aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes ein signifikant erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf haben, wenn sie solche Personen behandeln, betreuen oder pflegen oder wenn sie in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und für die Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen eine Schlüsselstellung besitzen. Zwar stellen i. d. R. auch jetzt schon empfohlene Schutzimpfungen eine gesetzliche und private Versicherungsleistung dar. Diese ausdrückliche Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung ist jedoch vor dem gesamtgesellschaftlichen Ziel zu sehen, zielgenau und schnell eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung zu erreichen. Hierfür ist die Einrichtung von Impfzentren geplant, in denen unabhängig vom Versichertenstatus möglichst effizient und zügig geimpft werden kann. Die Kosten hierfür sollen daher ohne Einzelfallrechnung pauschal finanziert werden. Abs. 3 Satz 6 sieht eine Beteiligung der privaten Krankenversicherungsunternehmen anteilig i. H. v. 7 % an den Kosten vor, soweit diese nicht vom Bund oder von den Ländern getragen werden, sofern in der Rechtsverordnung ein Anspruch auf die Schutzimpfung für Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, festgelegt wird (Abs. 3 Satz 2 Nr. 2). In der Rechtsverordnung nach Satz 2 kann nach Satz 11 Nr. 5 ebenfalls das Nähere zur anteiligen Kostentragung durch die privaten Krankenversicherungsunternehmen, insbesondere zum Verfahren und zu den Zahlungsmodalitäten geregelt werden.

 

Rz. 17

Vor Erlass der Rechtsverordnung sind der Verband der Privaten Krankenversicherung (Satz 10) und die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut (Satz 8) anzuhören.

2.4.2 Testungen (Abs. 3 Satz 2 Nr. 1b)

 

Rz. 18

Abs. 3 Satz 2 Nr. 1b öffnet den zuvor schon in Satz 2 Nr. 1 a. F. vorgesehenen Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit einem bestimmten Krankheitserreger (zuvor nur mit dem Coranavirus) oder auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen diesen Krankheitserreger. Insofern ist das Wort "haben" am Ende dieses Satzteils sinnlos und offensichtlich ein technischer Fehler. Der Bundesrat hat dazu in einer Stellungnahme angemahnt, er halte es im Hinblick auf die steigenden Infektionszahlen sowie die übliche Erkältungs- und Grippesaison für dringend notwendig, für eine Ausschlussdiagnostik auch die Durchführung von Schnelltests auf Influenza und RSV, die eine ähnliche Symptomatik wie SARS-CoV-2 auslösen, zu ermöglichen (BR-Drs. 645/1/20 S. 9 f.). Nach Abs. 3 Satz 4 besteht ein Anspruch nicht, wenn die betroffene ...

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