Rz. 6

Versicherte haben ab 1.4.2007 Anspruch auf Leistungen für Schutzimpfungen i. S. d. § 2 Nr. 9 Infektionsschutzgesetz. Danach ist die Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen. Die Ergänzung von Abs. 1 Satz 1 durch das TSVG (Rz. 2c) stellt klar, dass Ansprüche gegen andere Kostenträger auf Leistungen von Schutzimpfungen (etwa aufgrund arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften) ein Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung in keinem Fall ausschließen. Grund dafür ist, dass das besondere öffentliche Interesse an einer hohen Durchimpfungsrate in jedem Fall Vorrang haben soll. Wie schon bei der Vorgängerregelung ausgenommen sind Schutzimpfungen, die wegen eines durch einen nicht beruflichen Auslandsaufenthalt erhöhten Risikos indiziert sind, es sei denn, dass zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ein besonderes Interesse daran besteht, der Einschleppung einer übertragbaren Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland vorzubeugen. Mit der Anpassung des gesetzlichen Wortlauts in Abs. 1 Satz 2 durch das TSVG soll erreicht werden, dass Schutzimpfungen, die wegen eines erhöhten Gesundheitsrisikos durch einen Auslandsaufenthalt indiziert sind, einheitlich dann von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen sind, wenn der Auslandsaufenthalt beruflich oder durch eine Ausbildung (also auch durch ein Studium) bedingt ist. Dies ist nach der amtlichen Begründung (BT-Drs 19/8351 S. 173) auch dann der Fall, wenn für andere zur häuslichen Gemeinschaft gehörende Personen der Auslandsaufenthalt ebenfalls durch diese Ursachen bedingt ist (z. B. mitreisende Ehegatten oder Kinder).

 

Rz. 6a

Die Einzelheiten zu den Leistungen für Schutzimpfungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss gemäß Abs. 1 Satz 3 in Richtlinien nach § 92 festzulegen. Diese Richtlinien legen als untergesetzliche Rechtsnormen verbindlich fest, welche Schutzimpfungen nach § 20i Gegenstand der Leistungspflicht und damit auch maßgeblich für den Leistungsanspruch sind. Grundlage seiner Entscheidung sind die Empfehlungen der ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO). Ferner ist der Nutzen der Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit besonders zu berücksichtigen.

Da es sich bei den Mitgliedern der STIKO um ausgewiesene Experten aus verschiedenen Fachgebieten, die über umfangreiche wissenschaftliche und praktische Erfahrungen zu Schutzimpfungen verfügen, handelt, bedarf es einer besonderen Begründung, falls der Gemeinsame Bundesausschuss von den Empfehlungen der STIKO abweichen will. Dies gilt umso mehr, als eine Impfempfehlung durch die STIKO nach einer wissenschaftlichen Risiko-Nutzen-Abwägung unter Berücksichtigung des jeweiligen aktuellen Standes der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik erfolgt. Falls die STIKO ihre Empfehlungen ändert, muss der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von 3 Monaten entscheiden, ob die Richtlinien anzupassen sind.

 

Rz. 6b

Das Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 (vgl. Rz. 4j) hat Satz 3 um einen Halbsatz ergänzt. Dadurch ist klargestellt worden, dass, soweit die Ständige Impfkommission beim RKI Schutzimpfungen mit zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereich empfiehlt, für die sie von der zuständigen Bundesoberbehörde oder der Europäischen Kommission – also nach dem Arzneimittelgesetz – nicht zugelassen sind, diese auch durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in der Schutzimpfungs-Richtlinie vorgesehen werden können.

 

Rz. 7

Die erstmalige Entscheidung, für die der Gemeinsame Bundesausschuss zu allen zu diesem Zeitpunkt geltenden Empfehlungen der STIKO einen Beschluss fassen muss, sollte bis zum 30.6.2007 getroffen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt galten die bisherigen Satzungsregelungen der Krankenkassen zu Schutzimpfungen fort.

Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Abs. 1 SGB V (Schutzimpfungs-Richtlinie/SiR) i. d. F. v. 21.6.2007/18.10.2007 ist am 1.7.2007 in Kraft getreten und zuletzt am 20.10.2022 (BAnz AT v. 19.12.2022 B5) geändert worden und in Kraft ab 20.12.2022 sowie am 1.12.2022 und 5.1.2023 (BAnz AT v. 8.3.2023 B4) geändert worden und mit den Änderungen in Kraft ab 9.3.2023. Vgl. hierzu https://www.g-ba.de/richtlinien/60/, zuletzt abgerufen, 1.3.2023.

Anlage 1 zur Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Abs. 1 SGB V (Schutzimpfungs-Richtlinie/SI-RL)

Der nach § 11 Abs. 2 bestehende Anspruch auf die Nachholung von Impfungen und die Vervollständigung des Impfschutzes, bei Jugendlichen spätestens bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, bleibt von den nachfolgenden Regelungen unberührt.

Bei Patientinnen und Patienten mit Immundefizienz besteht unter der Voraussetzung der medizinischen Notwendigkeit zur Kontrolle des Impferfolgs ein Anspruch auf entsprechende serologische Testungen (§ 11 Abs. 1 Satz 2) im unmittelbaren Zusammenhang mit den im Folgenden aufgeführt...

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