Rz. 13

Der Insolvenzantrag kann ähnlich wie für das Kreditwesen im Kreditwesengesetz (§ 46b KWG) geregelt nur von der zuständigen Aufsichtsbehörde und nicht vom Vorstand gestellt werden (Satz 1). Auch Gläubiger der Krankenkasse sind dazu nicht berechtigt. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Funktionsfähigkeit des GKV-Systems gefährdet werden könnte, wenn auch die Gläubiger einer Krankenkasse etwa aufgrund unzutreffender Informationen über die wirtschaftliche Lage einer Krankenkasse einen Insolvenzantrag stellen könnten. Dies könnte etwa dazu führen, dass die Erbringung der erforderlichen Leistungen im Krankheitsfall nicht mehr sichergestellt wäre (BT-Drs. 16/9559 S. 20). Nur die für die betroffene Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde ist abweichend von der Insolvenzordnung berechtigt, den Insolvenzantrag zu stellen. Dazu greift sie auf die Informationen zurück, die sie vom Vorstand der Kasse erhalten hat.

 

Rz. 14

Liegen sowohl die Voraussetzungen für eine sozialrechtliche Schließung der Kasse (§ 159) als auch die für einen Insolvenzantrag vor, soll die Aufsichtsbehörde vorrangig die Kasse schließen (Satz 2). Im Regelfall hat sie daher die Krankenkasse zu schließen, es sei denn, dass im Einzelfall sachliche Gründe für die Stellung eines Insolvenzantrags sprechen (BT-Drs. 16/9559 S. 20). Nicht erläutert wird, welche sachlichen Gründe dies sein könnten. An das Vorliegen solcher Gründe sind jedenfalls strenge Anforderungen zu stellen, denn ein Schließungsverfahren ist immer vorrangig zu betreiben. Im Vergleich zu einem Insolvenzverfahren entstehen bei einer Kassenschließung weniger verfahrensbedingte Folgekosten (Gerichtskosten, Insolvenzverwalter etc.). Der Antrag auf Insolvenzeröffnung soll nur als letztes Mittel in Betracht kommen. Neben dem Schließungsverfahren besteht für die Aufsichtsbehörde als weiteres Instrument auch die Anordnung einer Zwangsfusion (§ 156 Abs. 2, vgl. Rz. 6).

 

Rz. 14a

Eine Krankenkasse ist zu schließen, wenn ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Dauer gesichert ist. Abweichend von der überholten Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 17.7.1985, 1 RR 8/84) ist die Leistungsfähigkeit einer Krankenkasse nicht mehr auf Dauer gesichert, wenn sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben einen Zusatzbeitrag erheben müsste, der zur Zeit der Beitragserhebung auf dem Markt nicht durchsetzbar ist (Krasney, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 160 Rz. 40 m. w. N.). Kurzfristige Liquiditätsprobleme erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

 

Rz. 15

Für einen Insolvenzantrag hat die Aufsichtsbehörde 3 Monate Zeit (Satz 3). Die Frist beginnt nach Eingang der Anzeige durch den Kassenvorstand. Der Gesetzentwurf begründet die vergleichsweise lang laufende Antragsfrist mit der Gefahr der Benachteiligung der Gläubiger bei einer späteren Antragstellung, da deren Ansprüche nach den Regeln des Insolvenzverfahrens nur nach der Quote befriedigt werden (vgl. § 195 InsO), während bei der Schließung aufgrund der bestehenden Haftungskaskade nach § 166 alle bestehenden Verbindlichkeiten der geschlossenen Krankenkassen voll befriedigt werden (BT-Drs. 16/9559 S. 20). Im Ergebnis führt der Fristablauf zu einem Anwendungsvorrang des Schließungsrechts. Ungeachtet dessen verläuft die nach der InsO im Wirtschaftsrecht gesetzte Frist mit 3 Wochen deutlich kürzer (§ 15a InsO).

 

Rz. 16

Die spätere Antragstellung auf Insolvenzeröffnung ist solange ausgeschlossen, wie der Insolvenzgrund aus der Anzeige des Vorstands fortbesteht. Damit wird klargestellt, dass spätere Insolvenzanträge aufgrund neu eingetretener Insolvenzgründe durch die 3-Monats-Frist nicht ausgeschlossen werden (BT-Drs. 16/9559 S. 20).

 

Rz. 17

Bei der Frage des Insolvenzantrages handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die auch mit der Nichtbeantragung des Insolvenzverfahrens enden kann. Eine Amtshaftung kommt für den Fall der schuldhaften Untätigkeit in der 3-Monats-Frist in Betracht.

 

Rz. 17a

Die Regelungen des § 165 Abs. 2 Satz 5 bis 7, die für den Fall der Schließung einer Krankenkasse getroffen sind, gelten bei einem Insolvenzantrag durch die Aufsichtsbehörde entsprechend (Satz 4). Der Abwicklungsvorstand hat die Mitglieder der Kasse und die zur Meldung verpflichteten Stellen (u. a. Arbeitgeber) über die Formalitäten des Kassenwahlrechts zu informieren. Diese Verpflichtung wird bereits durch die Stellung des Insolvenzantrages ausgelöst. Das ergibt sich zweifelsfrei aus § 175 Abs. 3a Satz 1, der bei Insolvenz einer Krankenkasse die Frist zur Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung mit 6 Wochen nach Stellung des Insolvenzantrags definiert. Es ist also nicht etwa in analoger Anwendung des § 165 ein Beschluss über die Eröffnung oder Ablehnung des Insolvenzverfahrens abzuwarten.

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