Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Antrag nach § 44 SGB 10 auf Überprüfung einer Ermessensentscheidung. Ablehnung der Weiterbewilligung von Einstiegsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Auf die Änderung eines Bescheides über nach dem Ermessen des Leistungsträgers zu gewährende Leistungen besteht gem § 44 Abs 1 SGB 10 nur dann ein Anspruch, wenn das Ermessen des Leistungsträgers auf Null zugunsten der Leistungsgewährung reduziert war. Bloße Ermessensfehler im zur Überprüfung gestellten Ausgangsbescheid führen nicht zu einer Durchbrechung der Bestandskraft des Ausgangsbescheides nach § 44 Abs 1 SGB 10.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auslagen sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Verlängerung der Bewilligung für lediglich 6 Monate gewährten Einstiegsgeldes nach § 16 c SGB II für die Zeit ab 01.07.2011 hat.

Der 1976 geborene, erwerbsfähige Kläger ist Dipl.-Ing. (FH) für Naturschutz und Landschaftplanung und hat sich umfangreich auf dem Gebiet der Phytotherapie und der Pädagogik weitergebildet. Im November 2010 beantragte der auch damals Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II beziehende Kläger beim Beklagten Einstiegsgeld nach § 16 b SGB II zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01.01.2011 bis 31.12.2011 (Bl. 1 ff. der Beklagtenakte). Zum 01.01.2011 nahm der Kläger seine zuvor im Nebengewerbe betriebene selbständige Tätigkeit im Hauptgewerbe auf dem Gebiet der Naturpädagogik, Kräuterkunde und Verarbeitung von Naturprodukten unter der Firma ... auf (vgl. Pressemeldung Bl. 50 der Beklagtenakte).

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 06.01.2011 Einstiegsgeld in Höhe von monatlich 179,50 € lediglich für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 (Bl. 41 der Beklagtenakte). Der Kläger erhob hiergegen keinen Widerspruch.

Auf vom Beklagten ausgegebenen Formularbogen mit der Kopfzeile “Antrag auf Weitergewährung eines Einstiegsgelds […] zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit„ beantragte der Kläger jedoch am 30.05.2011 erneut Einstiegsgeld für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.12.11 beim Beklagten (Bl. 43 der Beklagtenakte). Er teilte hierbei mit, im 2. Halbjahr 2011 voraussichtlich ein Bruttoeinkommen von 7.940,- € zu erzielen (Bl. 43 der Beklagtenakte, vgl. aber tabellarische Aufstellung Bl. 49 der Beklagtenakte: nur 4.244,- €). Zur Erforderlichkeit weiteren Einstiegsgelds teilte er dem Beklagten mit, es seien Investitionen für die Erstellung eines Internetauftritts, den Bau eines professionellen Marktstandes und die Erweiterung der Seminarwerkstatt geplant (Bl. 45 der Beklagtenakte).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.07.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, mit der Gewährung des Einstiegsgelds für 6 Monate sei eine abschließende Entscheidung getroffen worden und eine Weitergewährung von vornherein nicht vorgesehen (Bl. 54 der Beklagtenakte). In der Begründung des hiergegen am 05.09.2011 eingelegten Widerspruchs mit Schreiben vom 09.09.2011 ließ der Kläger geltend machen, der Beklagte habe mit der fälschlichen Annahme einer abschließenden Entscheidung seiner Ermessensentscheidung fehlerhafte Gesichtspunkte zugrundegelegt (Bl. 60 der Beklagtenakte).

Am 21.10.2011 wurde der Kläger zu Fördermöglichkeiten nach § 16 c SGB II beim Beklagten beraten und ein entsprechendes Antragsformular ausgereicht (Bl. 40 f. d. A....). Dieses ist nicht an den Beklagten zurückgelangt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2011 (Bl. 61 f. der Beklagtenakte) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, die Anspruchsvoraussetzungen nach § 16 b SGB II lägen nicht vor. Denn beantragt sei die Förderung einer bereits ausgeübten selbständigen Tätigkeit, ohne dass Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Beschäftigung bestünden und ohne dass der Kläger arbeitslos sei. Auch eine neue sachliche Prüfung der Entscheidung vom 06.01.2011 hinsichtlich der Förderdauer sei mangels neuer Umstände nicht veranlasst. Die Ausgabe von Verlängerungsanträgen und deren im Einzelfall unter Überschreitung gesetzlicher Fördermöglichkeiten positive Verbescheidung bis Mitte 2010 werde durch den Beklagten nach geänderter Weisungslage nicht fortgeführt.

Im Klageverfahren bringt der Kläger vor, Arbeitslosigkeit sei kein für die Gewährung von Einstiegsgeld erforderliches Tatbestandsmerkmal. Erforderlich sei lediglich die Arbeitslosigkeit vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit. Die Weitergewährung von Einstiegsgeld sei gängige Praxis und werde auch in einschlägiger Kommentierung zu § 16 b SGB II vorausgesetzt. Das Einstiegsgeld sei zur Eingliederung auch erforderlich gewesen. Der Beklagte habe jedenfalls seinen Ermessensspielraum durch Begebung des Antragsformulars auf “Weitergewährung„ des Einstiegsgeldes dahin eingeschränkt, dass eine Ablehnung nicht auf die Unmöglichkeit der Weitergewährung gestützt werden konnte. Im Klageverfahren könne die unterbliebene Ermessensentscheidung nicht ...

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