Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung. Unfallversicherungsschutz. nachstationäre Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Wer nachstationäre Behandlung im Sinne des § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhält, ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 a) gesetzlich gegen Unfall versichert.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin alle Aufwendungen, die jene aus Anlass des Ereignisses vom 16.07.2001 getragen hat, im Rahmen der für die Beklagte geltenden Vorschriften zu erstatten.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten von Leistungen, die die Klägerin der Frau R. P. (im Folgenden Versicherte) nach einem Sturz während einer nachstationären Krankenhausbehandlung erbracht hat.

Die Versicherte, die Mitglied der Beklagten ist, befand sich am 16.07.2001 zur nachstationären Behandlung im Klinikum A., als sie im Wartezimmer der Klinik von einer sich öffnenden Tür getroffen wurde und zu Boden stürzte. Sie erlitt eine vordere Beckenringfraktur rechts und eine Thoraxprellung. Deswegen gewährte die Klägerin stationäre Behandlung und Hilfsmittel. Mit Schreiben vom 25.09.2001 und vom 01.10.2001 forderte sie die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von EUR 11.917,64 von der Beklagten zurück.

Am 27.06.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, dass bei nachstationärer Behandlung – anders als bei teilstationärer Behandlung – kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr alle Aufwendungen, die die Klägerin aus Anlass des Ereignisses vom 16.07.2001 getragen hat, im Rahmen der für die Beklagte geltenden Vorschriften zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, die Versicherte sei in die Organisation des Krankenhauses eingegliedert gewesen. Die nachstationäre Behandlung falle unter § 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII. Nachstationäre und sonstige Krankenhausbehandlungen seien wegen § 39 SGB V gleich zu behandeln. Anderenfalls ergebe sich ein Wertungswiderspruch zur Behandlung der seit dem 01.07.2001 unter Unfallversicherungsschutz stehenden ambulanten Rehabilitationsleistungen. Wegen der fehlenden Harmonisierung von § 2 SGB VII und § 39 SGB V bestehe eine Gesetzeslücke, die durch Einbeziehung der nachstationären Behandlung, deren Unfallrisiko mit dem der ambulanten Rehabilitation vergleichbar sei, in den Versicherungsschutz zu schließen sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Erstattung ihrer Aufwendungen aus Anlass des Ereignisses vom 16.07.2001 verlangen.

Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, so ist nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

1. Die Klägerin hat mit der Gewährung von stationärer Behandlung und Hilfsmitteln Sozialleistungen im Sinne des § 11 S. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) erbracht, ohne zuständiger Leistungsträger gewesen zu sein. Der Leistungsträger ist unzuständig, wenn die Leistung nach der materiellen Rechtslage ohne Rechtsgrund erfolgte (BSG, Urt. vom 20.04.1988, Az. 3/8 RK 6/86, BSGE 63, 134, 138; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 105 SGB X Rn. 1). Die Leistung an die Versicherte erfolgte ohne Rechtsgrund, denn es lag kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) vor. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Der Aufenthalt im Krankenhaus zur nachstationären Behandlung ist keine versicherte Tätigkeit. Insbesondere besteht kein Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 a) SGB VII. Die Vorschrift ist weder unmittelbar (a.) noch entsprechend (b.) anwendbar.

a. Die nachstationäre Behandlung fällt nicht in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 15 a) SGB VII. Die Regelung bestimmt, dass Personen, die auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, kraft Gesetzes versichert sind.

Die Versicherte hat weder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation noch stationäre Behandlung erhalten. Die nachstationäre Behandlung fällt auch nicht unter den Begriff d...

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