Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Berechnung. Einkommen. Wechsel der Lohnsteuerklasse vor der Geburt des Kindes

 

Orientierungssatz

Wechseln Eltern in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes die Steuerklasse mit der Folge, dass der Elterngeld beanspruchende Elternteil ein höheres Nettoeinkommen bezieht als vor dem Steuerklassenwechsel, ist die Höhe des Elterngeldes auch nach diesem zeitweise höheren Nettoeinkommen zu bestimmen.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 05. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2007 verurteilt, bei der Berechnung des von der Klägerin zu beanspruchenden Elterngeldes vom 10. April 2007 bis 09. März 2009 von der tatsächlich gewählten Steuerklasse III ab November 2006 und den sich daraus ergebenden Steuerabzugsbeträgen auszugehen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines höheren Elterngeldes.

Die Klägerin ist die Mutter des am ... 2007 geborenen .... Sie ist ebenso wie ihr Ehemann im ... beschäftigt, beide sind der Vergütungsgruppe A 07 zugeordnet; während der Ehemann der Klägerin sich in der Gehaltsstufe 6 befindet, ist die Klägerin in der Stufe 4 eingruppiert, woraus sich im Jahre 2007 eine monatliche Bruttogehaltsdifferenz von 122,69 EUR zu Gunsten des Ehemannes ergab. Bei beiden Ehegatten war zunächst jeweils die Steuerklasse IV auf der Lohnsteuerkarte eingetragen. Dies änderten die Eheleute mit Wirkung vom 01.11.2006 dahingehend, dass die Klägerin die Steuerklasse III und ihr Ehemann die Steuerklasse V eintragen ließen. Dadurch stieg das monatliche Nettoeinkommen der Klägerin (ohne Sonderzahlungen etc.) von 1.725,67 EUR auf 1.942,55 EUR, demgegenüber sank das des Ehemanns der Klägerin von 1.813,61 EUR auf 1.497,61 EUR.

Das Versorgungsamt ... bewilligte mit Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides Elterngeld in Höhe von monatlich 559,74 EUR bei zwischen den Beteiligten nicht streitiger Anrechnung der beamtenrechtlichen Mutterschaftsbezüge der Klägerin, wunschgemäß ausgezahlt auf 23 Monate für die Zeit vom 10.04.2007 bis 09.03.2009. Dabei ist ein Nettoeinkommen für die 12 Monate vor der Geburt des Kindes von 1.670,85 EUR zugrunde gelegt worden, was sich unter Fortschreibung der unter der Gültigkeit der Steuerklasse IV ab November 2007 ergab. Der Ehemann der Klägerin erhielt Elterngeld für die Zeit vom 10.04. bis 09.08.2008 in Höhe von 588,42 EUR bewilligt; dabei ist ebenfalls auf einen fiktiv errechneten Nettoverdienst auf der Basis einer Besteuerung entsprechend der Steuerklasse IV abgestellt worden.

Mit der hiergegen am 27.07.2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr bereits im Vorverfahren erhobenes Begehren weiter, das zu beanspruchende Elterngeld auf der Grundlage der von ihr tatsächlich bezogenen Nettoeinkünfte in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes zu berechnen. Zur Begründung verweist sie darauf, dass weder im Einkommensteuer- noch im Elterngeldgesetz Einschränkungen zur freien Wahl der Steuerklasse vorgesehen seien. Befragt durch das Gericht, ob "schutzwürdige" Gründe für den Steuerklassenwechsel vorzubringen seien, verweist die Klägerin auf die gesetzliche Möglichkeit, Steuerklassenwechsel einmal im Jahr vornehmen zu können.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 05.06.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, das Elterngeld in dem Zeitraum vom 10.04.2007 bis 09.04.2009 auf der Grundlage der tatsächlichen Steuerklassenwahl zu berechnen und dementsprechend höhere Leistungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und den der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Beratung der Kammer waren, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist mit dem zur Entscheidung des Gerichts gestellten Antrag begründet.

Der Bescheid des Versorgungsamtes ... in der Fassung des Widerspruchsbescheides erweist sich insofern als nicht mit dem Gesetz vereinbar, als er für die Berechnung des Elterngeldes von fiktiven Steuerabzugsbeträgen auf der Basis der Steuerklasse IV ab November 2006 ausgegangen ist, die Klägerin wird hierdurch beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Höhe des in Rede stehenden Elterngeldes wird gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 sowie Abs. 7 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) auf der Grundlage des u.a. aus nichtselbständiger Tätigkeit in den letzten 12 Monaten vor der Geburt des Kindes erzielten Nettoeinkommens nach Abzug der darauf entfallenden Steuern einschließlich Solidaritätszuschlag (und gegebenenfalls gezahlter Sozialversicherungsbeiträge) abzüglich eines Zwölftels des Pauschbetrages nach § 9 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) festgestellt.

Nettoeinkommen in d...

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