Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. vorläufige Leistungsversagung. keine Rechtsgrundlage. Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit. fehlende Regelung durch Verwaltungsakt. Regelungsgehalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 328 Abs 1 S 1 SGB III erlaubt nur die vorläufige "Erbringung von Geldleistungen" durch die Agentur für Arbeit, nicht aber deren vorläufige Versagung. Daher kann auch der Eintritt einer Sperrzeit nicht vorläufig festgestellt werden.

2. Ein Leistungsbewilligungsbescheid regelt nur die Höhe des täglichen Leistungsbetrags. Er enthält keine Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit und ersetzt auch den Erlass eines solchen Feststellungsbescheides nicht.

 

Orientierungssatz

Az beim LSG: L 10 AL 60/18

 

Tenor

I. Der Bewilligungsbescheid vom 6.4.2016 in der Fassung des Änderungsbewilligungsbescheides vom 10.5.2016, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2016 werden teilweise aufgehoben, soweit der Zahlbetrag in den Zeiträumen vom 3.6.2015 bis 9.6.2015, 16.6.2015 bis 22.6.2015 und am 25.6.2015 mit Null (0,00 €) bestimmt und die Zahlung mit Ablauf des 25.6.2015 wegen fehlender Verfügbarkeit befristet wurde, und die Beklagte verpflichtet, in den Zeiträumen vom 3.6.2015 bis 9.6.2015, 16.6.2015 bis 22.6.2015 und über den 24.6.2015 hinaus bis längstens 15.12.2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe des Gesetzes zu gewähren.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in vollem Umfang.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Leistungsversagung in drei Zeiträumen sowie die Befristung der Leistungsbewilligung wegen fehlender Verfügbarkeit.

A.

Der Kläger war vom 4.2.2014 bis 31.5.2015 bei der Fa D., als Paketdienstfahrer beschäftigt gewesen. Da er im Monat Mai 2015 kein Arbeitsentgelt mehr erhalten hatte, wurde ihm dies durch die Beklagte im Wege der Insolvenzgeldgewährung ausgeglichen (Bescheid vom 10.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.9.2015; bestätigt durch Klageverfahren vor dem SG Bayreuth, Az.: S 10 AL 152/15).

B.

Nach der Kündigung der Fa D. meldete sich der Kläger am 19.5.2015 bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Das an diesem Tag ausgehändigte Antragsformular gab er jedoch erst am 6.4.2016 an die Beklagte zurück.

In der Zwischenzeit hatte die Beklagte noch am 19.5.2015 den Kläger zur persönlichen Vorsprache am 2.6.2015 gem. § 309 SGB III aufgefordert. Da der Kläger diesen Termin ohne Angabe von Gründen nicht wahrnahm, erfolgte am 2.6.2015 eine erneute Meldeaufforderung zum 15.6.2015. Bei seiner persönlichen Vorsprache am 10.6.2016 in der Agentur für Arbeit H., bei der der Kläger Unterlagen zum beantragten Insolvenzgeld sowie die Mahnung bezüglich der Miete vorlegte, wurde der Kläger ausdrücklich und eindringlich darauf hingewiesen, dass er diesen Termin am 15.6.2015 wahrnehmen muss. Er tat dies jedoch ohne Angabe von Gründen wiederum nicht. Darauf erfolgte die dritte Meldeaufforderung zum 24.6.2015, zu der der Kläger ohne Angabe von Gründen ebenfalls nicht erschien.

Die nächste persönliche Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 11.8.2015 erfolgte wieder im Zusammenhang mit dem aus seiner Sicht noch immer nicht verbeschiedenen Insolvenzgeld. Hierbei legte der Kläger auch die Kündigung der Wohnung zum 31.10.2015 vor und gab an, er habe seit Mai 2015 keinerlei Einnahmen mehr. Darauf angesprochen, was mit seiner Arbeitslosmeldung und seinem Arbeitslosengeldantrag sei, meinte er nur "Das lassen Sie mal meine Sorge sein." Die Mitarbeiterin der Beklagten zog daraus die Schlussfolgerung, "heute anscheinend keine neue Arbeitslosmeldung durch den Kunden gewünscht."

Erstmals am 17.9.2015 erkundigte sich der Kläger (nun telefonisch) nach seiner Arbeitslosengeldangelegenheit und einem Terminantragsservice. Ihm wurde darauf mitgeteilt, er sei derzeit abgemeldet wegen Meldeversäumnisses, obwohl er nach seinen Angaben arbeitslos sei. Er müsse sich deshalb umgehend persönlich und unter Vorlage eines Personalausweises arbeitslos melden und erhalte dann einen neuen Antrag; Termine könnten dann kurzfristig vergeben werden. Der Kläger meldete sich nicht.

Vom 16.12.2015 bis 30.3.2016 befand sich der Kläger in der JVA H. in Haft. Bei seiner persönlichen Arbeitslosmeldung am 30.3.2016 und Stellung eines Weiterbewilligungsantrags gab er an, er werde den früheren Antrag zusammen mit dem Weiterbewilligungsantrag bei der Beklagten einreichen.

Bereits vor seiner Entlassung aus der Haft hatte sich die damalige Bevollmächtigte des Klägers am 21.3.2016 bei der Beklagten angezeigt und gerügt, dass über den Antrag vom 19.5.2015 noch immer nicht entschieden worden sei. Mit Schreiben vom 22.3.2016 setzte die Beklagte die Bevollmächtigte darüber in Kenntnis, dass der Antrag vom 19.5.2015 bisher noch nicht zurückgegeben worden sei.

Am 6.4.2016 reichte der Kläger sodann die beiden Arbeitslosengeld-Anträge bei der Beklagten ein. Mit Bescheid vom 6.4.2016 bewilligte die Beklagte daraufhin ...

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