Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Berechnung. Einkommen. Wechsel der Lohnsteuerklasse vor der Geburt des Kindes

 

Orientierungssatz

Wechseln Eltern in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes die Steuerklasse mit der Folge, dass der Elterngeld beanspruchende Elternteil ein höheres Nettoeinkommen bezieht als vor dem Steuerklassenwechsel, ist das höhere Nettoeinkommen bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen ist.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes, insbesondere ob der Wechsel der Klägerin von der Lohnsteuerklasse V in die Lohnsteuerklasse III rechtsmissbräuchlich war. Die Klägerin ist die Mutter des am 2007 geborenen Kindes L .. Sie beantragte am 16.11.2007 die Gewährung von Elterngeld für die ersten 12. Monate nach der Geburt des Kindes. Im März 2007 wechselte sie von Lohnsteuerklasse V auf III. Dies begründete sie damit, dass dies auf Anraten der Mitarbeitervertretung des Arbeitgebers erfolgt sei, um ein höheres Elterngeld zu erlangen. Dass dies als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könnte, wurde erst viel später publik. Sie hätte dann die Lohnsteuerklasse IV gewählt, wenn sie gewusst hätte, dass dies akzeptiert werde. Sie seien hier falsch beraten worden. Mit Bescheid vom 15.01.2008 wurde der Antrag bewilligt und ein Elterngeld in Höhe von 649,38 Euro/mtl., berechnet nach der Lohnsteuerklasse V, gezahlt. Da der Lohnsteuerklassenwechsel der Klägerin in die Steuerklasse III nicht im Sinne der Richtlinie zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nachvollziehbar sei (der Ehemann verdiene immer noch mehr), könne er nicht berücksichtigt werden. Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass die Lohnsteuerklassen frei wählbar seien. Die Verordnung des Ministeriums erscheine ihr nicht rechtmäßig zu sein. Mit Bescheid vom 31.03.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Klägerin hat fristgerecht Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Sie erläuterte hier, dass sich das Nettoeinkommen der beiden Ehegatten nach dem Steuerklassenwechsel zusammen nur um 35,44 Euro monatlich verschlechtert habe. Insbesondere gibt sie an, dass der Ehemann Brutto 2371,08 Euro und sie brutto 2058,61 Euro verdiene. Sie habe bis Dezember 2006 nur in Teilzeit gearbeitet und die damalige Wahl der Steuerklassen habe den Einkünften entsprochen. Erst seit Januar 2007 arbeite sie wieder in Vollzeit. Aufgrund einer Information der Mitarbeitervertretung ihres Arbeitgebers hätten sie sich zu einem Wechsel der Steuerklassen entschieden, um höheres Elterngeld zu erhalten. Deshalb erfolgte im März 2007 auch der Wechsel in die Steuerklasse III. Die Klägerin beantragt: Den Bescheid vom 15.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, des Bundeselterngeld unter Berücksichtigung des Lohnsteuerklassenwechsels im März 2007 neu zu berechnen und zu verbescheiden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Meinung, dass die Grundsätze einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung -die auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zurückzuführen sei - anzuwenden sind. Ein schutzwürdiges Interesse für den Steuerklassenwechsel könne er nicht erkennen. Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 15.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2008 verletzt die Klägerin hinsichtlich der Heranziehung der Lohnsteuerklasse V für die Berechnung des Elterngeldes in ihren Rechten und war daher aufzuheben.

Nach dem am 01.01.2007 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67% des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz. 1 Nr.1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe der Abs. 7 bis 9 zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bundeselterngeld berechnet auf der Grundlage der von ihr tatsächlich erzielten Nettoeinkünfte. Gemäß § 2 Abs. 7 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Personen einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrages nach § 9a Abs. 1 Satz. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG anzusetzende...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge