Bevor es eine Entscheidung trifft, muss das Integrationsamt auf eine gütliche Einigung hinwirken[1], d. h. zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln. Als Ergebnis einer solchen Einigung ist z. B. denkbar:

  • die Zurücknahme des Zustimmungsantrags durch den Arbeitgeber oder
  • eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Einvernehmen.

Kann keine Einigung erzielt werden, trifft das Integrationsamt eine Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Argumente und des Schutzzwecks des SGB IX – falls nötig aufgrund mündlicher Verhandlung.

Die Ermessensausübung ist abhängig vom Kündigungsgrund.

  1. Möchte der Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigen, muss das Integrationsamt die gegensätzlichen Interessen des schwerbehinderten Mitarbeiters und des Arbeitgebers gegeneinander abwägen. Hat ein dem Menschen mit Behinderungen zum Vorwurf gemachtes Verhalten seine Ursache gerade in der Behinderung, kann die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dazu führen, dass seine Interessen im zumutbaren Rahmen zurücktreten müssen. Das gilt vor allem, wenn der Arbeitgeber das Verhalten durch Maßnahmen in Zukunft verhindern kann. Grobes Fehlverhalten oder schwere Störungen des Betriebsfriedens muss der Arbeitgeber jedoch nicht hinnehmen.

    Beispiele: Schwere Diebstähle, tätliche Angriffe gegen andere Mitarbeiter.

  2. Plant der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung, also z. B. wegen häufiger Kurzerkrankungen, sind ebenfalls die Interessen des schwerbehinderten Mitarbeiters und des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Als Alternative zu einer Kündigung kommt hier insbesondere die Versetzung des Schwerbehinderten auf einen anderen Arbeitsplatz infrage, wenn dies seinen Gesundheitszustand verbessert.
  3. Bei einer betriebsbedingten Kündigung überprüft das Integrationsamt die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt hat, nicht. Hier wird lediglich geprüft, ob für den Schwerbehinderten eine anderweitige Beschäftigung im Betrieb möglich ist.

Das Ermessen des Integrationsamts ist nach § 172 SGB IX eingeschränkt, wenn

  • Betriebe oder Dienststellen nicht nur vorübergehend aufgelöst, eingestellt oder stillgelegt werden.[2] Hier muss es seine Zustimmung erteilen, wenn zwischen dem Tag der Kündigung und dem Tag, bis zu dem das Gehalt bezahlt wird, mindestens 3 Monate liegen. Weitere Voraussetzung ist, dass eine Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers in einem anderen Betrieb des Arbeitgebers nicht möglich oder zumutbar ist.
  • Betriebe oder Dienststellen eingeschränkt werden.[3] Hier soll eine Zustimmung erteilt werden, wenn die Gesamtzahl der weiterhin beschäftigten schwerbehinderten Menschen zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX ausreicht.
  • dem schwerbehinderten Arbeitnehmer ein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz gesichert ist.[4] In diesem Fall soll das Integrationsamt ebenfalls der Kündigung zustimmen. Das Versprechen des Arbeitgebers, dem Mitarbeiter bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung zu helfen, genügt allerdings nicht. Hat der schwerbehinderte Mitarbeiter aber bereits einen Anspruch auf einen anderen Arbeitsplatz, darf das Integrationsamt seine Zustimmung nur verweigern, wenn besondere Umstände den Fall als atypisch erscheinen lassen.[5]
  • das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet ist.[6] Auch hier soll das Integrationsamt seine Zustimmung erteilen, wenn ein Interessenausgleich stattfindet und die Zahl der verbleibenden schwerbehinderten Mitarbeiter zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht ausreicht.

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