1 Schwerbehinderte Menschen und gleichgestellte Menschen mit Behinderungen

Schwerbehinderte Menschen im Sinne des SGB IX sind Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.[1] Behinderung im Sinne des SGB IX ist eine körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung, die den einzelnen Menschen in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können. Maßgeblich sind Beeinträchtigungen, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.[2]. Für den Grad der Behinderung gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festgelegten Maßstäbe entsprechend. Den schwerbehinderten Menschen sollen auf Antrag von der Arbeitsagentur Personen mit einem GdB von wenigstens 30 gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne diese Hilfe einen geeigneten Arbeitsplatz nicht finden oder nicht behalten können.[3] Die Gleichstellung bezieht sich nicht auf den Zusatzurlaub, aber auf den Kündigungsschutz.

2 Benachteiligungsverbot/Schadensersatz und Entschädigung

Nach dem Grundgesetz[1] darf "niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Dieses Grundrecht müssen unmittelbar Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung beachten. Überdies wirkt es als objektive Wertentscheidung auch auf private Rechtsbeziehungen, wie das Arbeitsrecht, ein, Arbeitgeber bzw. Vorgesetzte müssen es z. B. im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht beim Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz beachten.

Der Begriff der "Behinderung" in Art. 3 Abs. 3 GG ist nicht identisch mit dem Begriff Schwerbehinderung im SGB IX. Nicht jeder Mensch mit Behinderung ist auch schwerbehindert, jeder schwerbehinderte Mensch ist aber ein Mensch mit Behinderungen. § 164 Abs. 2 SGB IX verbietet in Verbindung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausdrücklich jede Benachteiligung oder Belästigung wegen einer Behinderung.[2] Werden schwerbehinderte Bewerber oder Bewerber mit Behinderungen bei der Einstellung wegen ihrer (Schwer-)Behinderung diskriminiert, ergeben sich Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG.[3]

§ 15 Abs. 1 AGG gewährt einen Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Maßgeblich sind insoweit die allgemeinen Grundsätze der §§ 249 ff. BGB. Zu ersetzen ist der gesamte aus der schuldhaften[4] Benachteiligung resultierende Schaden, d. h. die Differenz zwischen dem, was der Beschäftigte an Vermögen hat und dem, was er hätte, läge eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen Behinderung nicht vor; eine Obergrenze gibt es nicht. Der Benachteiligte muss aber beweisen, dass ihm durch die Benachteiligung ein materieller Schaden entstanden ist. Im Fall einer benachteiligenden Nichteinstellung muss der Bewerber darlegen und beweisen, dass er bei einer benachteiligungsfreien Auswahl den begehrten Arbeitsplatz erhalten hätte.[5]

Das gelingt in der Praxis praktisch nie.

Die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG betrifft den immateriellen Schaden ("Schmerzensgeld") und hat eine Doppelfunktion. Sie dient einerseits der Schadenskompensation und andererseits der Prävention, wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Für die Höhe der "angemessenen" Entschädigung spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber langjährig seine Verpflichtung zur Einstellung von Menschen mit Schwerbehinderung überobligatorisch erfüllt hat und auch die in § 154 Abs. 1 SGB IX vorgesehenen quantitativen Vorgaben erfüllt oder übererfüllt.[6]

Für den Fall einer benachteiligenden Nichteinstellung bestimmt § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG eine Grenze von 3 Bruttomonatsverdiensten. Dabei handelt es sich um eine "Kappungsgrenze". Es ist zunächst – ohne Rücksicht auf irgendeine Begrenzung – die Höhe der angemessenen Entschädigung zu ermitteln und diese sodann, wenn sie 3 Bruttomonatsverdienste übersteigen sollte, zu kappen.[7]

3 Verfahren

Das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderungen die Versorgungsämter und die versorgungsärztlichen Untersuchungsstellen fest. Sind das Vorliegen der Behinderung und ihr Grad schon in einem Rentenbescheid oder einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung festgestellt worden, so genügt dies.[1]

4 Beschäftigungspflicht

Private und öffentliche Arbeitgeber müssen auf wenigstens 5 % der Arbeitsplätze schwerbehinderten Menschen beschäftigen, sofern sie über mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen.[1]

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei in der Auswahl der schwerbehinderten Menschen und auch der Arbeitsplätze, die er in Erfüllung der Beschäftigungspflicht besetzen will. Jedoch müssen sich unter den z...

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