Nach dem Grundgesetz[1] darf "niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Dieses Grundrecht müssen unmittelbar Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung beachten. Überdies wirkt es als objektive Wertentscheidung auch auf private Rechtsbeziehungen, wie das Arbeitsrecht, ein, Arbeitgeber bzw. Vorgesetzte müssen es z. B. im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht beim Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz beachten.

Der Begriff der "Behinderung" in Art. 3 Abs. 3 GG ist nicht identisch mit dem Begriff Schwerbehinderung im SGB IX. Nicht jeder Mensch mit Behinderung ist auch schwerbehindert, jeder schwerbehinderte Mensch ist aber ein Mensch mit Behinderungen. § 164 Abs. 2 SGB IX verbietet in Verbindung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausdrücklich jede Benachteiligung oder Belästigung wegen einer Behinderung.[2] Werden schwerbehinderte Bewerber oder Bewerber mit Behinderungen bei der Einstellung wegen ihrer (Schwer-)Behinderung diskriminiert, ergeben sich Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG.[3]

§ 15 Abs. 1 AGG gewährt einen Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Maßgeblich sind insoweit die allgemeinen Grundsätze der §§ 249 ff. BGB. Zu ersetzen ist der gesamte aus der schuldhaften[4] Benachteiligung resultierende Schaden, d. h. die Differenz zwischen dem, was der Beschäftigte an Vermögen hat und dem, was er hätte, läge eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen Behinderung nicht vor; eine Obergrenze gibt es nicht. Der Benachteiligte muss aber beweisen, dass ihm durch die Benachteiligung ein materieller Schaden entstanden ist. Im Fall einer benachteiligenden Nichteinstellung muss der Bewerber darlegen und beweisen, dass er bei einer benachteiligungsfreien Auswahl den begehrten Arbeitsplatz erhalten hätte.[5]

Das gelingt in der Praxis praktisch nie.

Die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG betrifft den immateriellen Schaden ("Schmerzensgeld") und hat eine Doppelfunktion. Sie dient einerseits der Schadenskompensation und andererseits der Prävention, wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Für die Höhe der "angemessenen" Entschädigung spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber langjährig seine Verpflichtung zur Einstellung von Menschen mit Schwerbehinderung überobligatorisch erfüllt hat und auch die in § 154 Abs. 1 SGB IX vorgesehenen quantitativen Vorgaben erfüllt oder übererfüllt.[6]

Für den Fall einer benachteiligenden Nichteinstellung bestimmt § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG eine Grenze von 3 Bruttomonatsverdiensten. Dabei handelt es sich um eine "Kappungsgrenze". Es ist zunächst – ohne Rücksicht auf irgendeine Begrenzung – die Höhe der angemessenen Entschädigung zu ermitteln und diese sodann, wenn sie 3 Bruttomonatsverdienste übersteigen sollte, zu kappen.[7]

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