1 Voraussetzungen für einen Schulungsanspruch

1.1 Die verschiedenen Schulungsansprüche

Zu unterscheiden ist der Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG, bei dem es um die Vermittlung erforderlicher Kenntnisse für die Betriebsratsarbeit geht und dem allgemeinen Bildungsanspruch von Betriebsratsmitgliedern nach § 37 Abs. 7 BetrVG. Die Ansprüche stehen nebeneinander. Der Anspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG steht zunächst dem Betriebsrat als Gremium zu und wird durch einen Beschluss des Betriebsrats, eines seiner Mitglieder auf eine bestimmte Schulung zu senden, in Anspruch genommen. Der Anspruch nach § 37 Abs. 7 BetrVG ist ein individueller Bildungsanspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds. Des Weiteren unterscheiden sie sich hinsichtlich des zeitlichen Umfangs, der Kostentragung und dem Umfang der Freistellung.

1.2 Schulungsanspruch zum Erwerb der erforderlichen Kenntnisse nach § 37 Abs. 6 BetrVG

1.2.1 Vermittlung erforderlicher Kenntnisse

Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 Abs. 6 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich (und nicht nur nützlich) sind.

Die zu vermittelnden Inhalte sind für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich, wenn diese Kenntnisseunter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb und im Betriebsrat benötigt werden, damit die Betriebsratsmitglieder ihre derzeitigen oder demnächst anfallenden gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen können. Maßstab ist, ob ein vernünftiger Dritter unter den im Zeitpunkt der Beschlussfassung gegebenen Umständen eine derartige Entscheidung getroffen hätte.[1] Für die Frage, ob die konkreten Aufgaben des einzelnen Betriebsratsmitglieds seine Schulung erforderlich machen, ist darauf abzustellen, ob nach den Verhältnissen des einzelnen Betriebs Fragen anstehen oder absehbar in naher Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrats unterliegen und für die im Hinblick auf den Wissensstand des Betriebsrats eine Schulung des betreffenden Betriebsratsmitglieds, ggf. unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat, erforderlich ist, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann. Das trifft für die Vermittlung von Grundkenntnissen immer zu.[2] Schulungsveranstaltungen über Arbeitsschutz und Unfallverhütung (Arbeitssicherheit) sind grundsätzlich als erforderlich anzusehen.[3]

Soweit die Schulungsinhalte darüber hinausgehen, muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte derart sach- und fachgerecht ausüben kann.[4] Insbesondere Seminare zu Rhetorik, Verhandlungsführung oder Mobbing sind bezüglich ihrer Notwendigkeit näher zu begründen und nicht allein deswegen erforderlich, weil auch der Arbeitgeber derartige Schulungen besucht.

Schulungen für Gewerkschaftsmitglieder mit gewerkschaftspolitischer Zielrichtung fallen dagegen nicht nur unter § 37 Abs. 6 BetrVG.

Ist eine Schulung bezüglich ihrer Inhalte nur teilweise erforderlich, muss der zeitlich überwiegende Teil der Schulungsinhalte der Erforderlichkeitsprüfung standhalten.[5]

1.2.2 Zeitliche Lage und Häufigkeit

Der Betriebsrat hat dem Arbeitgeber die zeitliche Lage einer Schulungsveranstaltung und die dafür vorgesehenen Teilnehmer so rechtzeitig mitzuteilen, dass der Arbeitgeber noch vor der Veranstaltung die Einigungsstelle anrufen kann, wenn er meint, der Betriebsrat habe die betriebliche Notwendigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Hat der Arbeitgeber der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung rechtzeitig widersprochen, muss der Betriebsrat die Entsendung zur Schulung bis zu einer Klärung der Streitfrage zurückstellen. Hält der Arbeitgeber die Schulung inhaltlich nicht für erforderlich, muss er die Einigungsstelle nicht anrufen. Hat der Betriebsrat die Schulungsteilnahme beim Arbeitgeber ausdrücklich "beantragt", obwohl er das gar nicht muss, gebietet es die vertrauensvolle Zusammenarbeit, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat auf die Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit hinweist. Soweit aber der Betriebsrat dem Arbeitgeber lediglich einen Entsendungsbeschluss mitgeteilt und auf eine Genehmigung des Arbeitgebers verzichtet hat – was zulässig ist, denn wenn die Schulung erforderlich ist, bedarf es keiner Genehmigung durch den Arbeitgeber – kann der Arbeitgeber nach der Schulungsteilnahme noch die Kostenerstattung verweigern.[1]

Die Häufigkeit der Schulungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist nicht gesetzlich begrenzt, sondern ergibt sich daraus, dass die Schulungen zur Vermittlung erforderlicher Kenntnisse dienen.

[1] BAG, Beschluss v. 18.3.1977, 1 ABR 54/74.

1.2.3 Umfang der Arbeitsbefreiung

Die Betriebsratsmitglieder haben lediglich Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das sie bei ...

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