Rz. 16

Erzielt der selbständige Tätige während des Bezuges von Übergangsgeld weiterhin Arbeitseinkommen (vgl. § 15 SGB IV), mindert sich das Übergangsgeld gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 2 nicht um 100 %, sondern lediglich um 80 % des weiterhin erzielten Arbeitseinkommens. Eine Reduzierung des Kürzungsbetrages um 20 % des während der Maßnahme erzielten Arbeitseinkommens ist deshalb notwendig, weil die Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Übergangsgeldes i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 lediglich 80 % des Einkommens beträgt; es wäre ungerecht, wenn die Berechnungsgrundlage aus 80 % des Einkommens (= fiktives Nettoeinkommen) ermittelt wird, aber 100 % des weiterhin erzielten Brutto-Arbeitseinkommens auf das Übergangsgeld angerechnet werden.

 
Praxis-Beispiel

Ein selbständig Tätiger erzielte im Bemessungszeitraum ein Arbeitseinkommen i. H. v. täglich 100,00 EUR. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld 80 % von 100,00 EUR, also 80,00 EUR. Da der Versicherte ein Kind hat, beläuft sich das Übergangsgeld gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 auf 75 % von den 80,00 EUR, also 60,00 EUR täglich. Der Rehabilitand nimmt an einer ambulanten medizinischen Rehabilitationsleistung zulasten der Rentenversicherung teil und kann nach eigenen Angaben für die Zeit der Teilnahme an der Rehabilitationsleistung täglich noch 50,00 EUR brutto an Arbeitseinkommen erzielen.

Lösung:

Das tägliche Übergangsgeld i. H. v. 60,00 EUR mindert sich um (80 % von 50,00 EUR =) 40,00 EUR auf 20,00 EUR.

Wird für einen selbständig Tätigen ein Gründungszuschuss z. B. nach § 116 Abs. 7 SGB III oder § 49 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX gezahlt, ist dieser neben dem Übergangsgeld zu gewähren. Es erfolgt weder eine Anrechnung des Gründungszuschusses auf das Übergangsgeld, noch ruht während der Übergangsgeldzahlung der Gründungszuschuss.

 

Rz. 17

Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nimmt eine Verweisung auf den Gewinn vor, so wie er nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG (§§ 4 bis 7k EStG) ermittelt wird. Damit entspricht das Arbeitseinkommen dem Betrag, der im Einkommensteuerbescheid als Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit ausgewiesen ist. Diese Grundsätze gelten selbstverständlich auch bei der Anwendung des § 72 SGB IX.

Arbeitseinkommen kann nur angerechnet werden, wenn es während der Teilhabeleistung erwirtschaftet worden ist. Voraussetzung ist, es handelt sich um Einkommen, das kausal auf einer selbständigen Tätigkeit beruht oder im Zusammenhang mit ihr erzielt wird. Unerheblich ist, ob das Einkommen durch persönliche Betätigung oder etwa durch Weiterführung des Betriebes durch einen Dritten erzielt wird. Nachträglich zugeflossenes, aber bereits vor dem Übergangsgeldbezug erwirtschaftetes Arbeitseinkommen unterliegt nicht der Anrechnung.

Sofern der gesamte Betrieb ruht, ist zu unterstellen, dass während dieser Zeit kein Gewinn erwirtschaftet werden kann und somit ein auf das Übergangsgeld anzurechnendes Arbeitseinkommen nicht erzielt wird. Dieses trifft grundsätzlich immer während einer vollstationären Leistung zur Teilhabe zu. Eine Anrechnung auf das Übergangsgeld erfolgt dann nicht.

Wenn die im Unternehmen tätigen Beschäftigten den Betrieb aufrechterhalten, ist es nicht unüblich, dass der Betriebsumsatz bzw. die Betriebseinnahmen durch deren Arbeitsleistung unverändert bleibt. Kompensiert wird der "Arbeitsausfall" des selbständig Tätigen durch Überstunden der Beschäftigten oder durch kurzfristig einspringende Aushilfen. Hier ist das anzurechnende Bruttoarbeitseinkommen zu ermitteln, indem das während der Teilhabeleistung erzielte Betriebseinkommen um die zeitgleichen Betriebsausgaben (einschließlich Entgelte zur Entlohnung der einzelnen Beschäftigten) gemindert wird. Da die Bemessungsgrundlage für das Übergangsgeld lediglich 80 % des Arbeitseinkommens ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1), ist das während der Teilhabeleistung erzielte Einkommen um 20 % zu mindern und auf das Übergangsgeld anzurechnen (vgl. Rz. 16).

In der Regel ermittelt der Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer das während der Teilhabeleistung erzielte Arbeitseinkommen. Hat der selbständig Tätige keinen Steuerberater etc. und können keine klare Zuordnungen getroffen werden, soll er selbst den Wert der finanziellen Folgen seines Arbeitsausfalls schätzen und nachvollziehbar begründen.

Der Rehabilitationsträger kann sich letztendlich vor unrichtigen Angaben des Rehabilitanden schützen, wenn sich herausstellt, dass der Rehabilitand vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. In diesem Fall kann er den Verwaltungsakt über die Höhe des noch verbleibenden Übergangsgeldes auch für die Vergangenheit zurücknehmen bzw. aufheben (§§ 45, 48 SGB X) und das ungerechtfertigt erhaltene Übergangsgeld nach § 50 SGB X ganz oder teilweise z...

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