Rz. 32

Seit dem Jahr 1998 gibt es die Möglichkeit, im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Arbeitszeit oder Arbeitsentgelt in einem sog. Wertguthaben anzusparen und diese zur Finanzierung einer längerfristigen Freistellung von der Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt einzusetzen (§§ 7b ff. SGB IV). Diese Wertguthaben können z. B. aus Teilen des laufenden Arbeitsentgelts oder aufgrund von Mehrarbeit, nicht in Anspruch genommenen Urlaubstagen, Einmalzahlungen oder freiwilligen zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers angespart werden. Das Besondere an den so entstehenden Wertguthaben ist, dass in der Ansparphase zunächst keine Steuern und Sozialversicherungsabgaben fällig werden. Diese sind erst zum Zeitpunkt der Auszahlung zu entrichten (vgl. § 23b Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Das bedeutet: Vereinbaren z. B. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Ausgleich von Mehrarbeit durch bezahlte Freistellung, so werden derartige Mehrarbeitsstunden durch den Freizeitausgleich – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bei der Regelentgeltberechnung – neutralisiert. Durch Freizeit ausgeglichene oder auszugleichende (Mehrarbeits-)Stunden bzw. Mehrarbeitsstundenvergütungen bleiben zum Zeitpunkt der Arbeitsleistung demnach bei der Beitragsberechnung und Ermittlung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit unberücksichtigt. Sie werden erst dann der Beitragsberechnung unterzogen, wenn sie zwecks des Ausgleichs genommen werden bzw. zwecks Freizeitausgleich "fällig" werden.

Gemäß § 67 Abs. 1 S. 4 ist für die Berechnung des Regelentgelts das im Bemessungszeitraum der Beitragsberechnung zugrunde liegende und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt maßgebend. Bei der Anwendung der Regelentgeltberechnung gilt als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Arbeitszeit, die dem gezahlten Arbeitsentgelt entspricht.

 

Rz. 33

Arbeitnehmer können z. B. mit ihrem Arbeitgeber eine Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) vereinbaren. Während der reduzierten Arbeitszeit in der Pflegephase haben Arbeitnehmer in diesen Fällen einen Rechtsanspruch

  1. auf ein zinsloses Darlehen oder
  2. auf Aufstockung des Arbeitsentgelts über Wertguthaben.

(§§ 7b ff. SGB IV). Bei der Berechnung des Regelentgelts für das Übergangsgeld gelten in entsprechender Anwendung der Ziff. 4.1.5 des Gemeinsamen Rundschreibens v. 3.12.2020 zum Krankengeld nach § 44 SGB V und zum Verletztengeld nach § 45 SGB VII) folgende Regelungen:

zu a)

Arbeitnehmer haben während der reduzierten Arbeitszeit in der Pflegephase einen Rechtsanspruch auf ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), welches maximal die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettoarbeitsentgelts abdeckt. Es wird in monatlichen Raten ausgezahlt. Betroffene haben das Darlehen beim BAFzA zu beantragen und müssen es nach dem Ende der Familienpflegezeit ebenfalls in Raten wieder zurückzahlen. Beansprucht der Arbeitnehmer während der Pflegephase ein zinsloses Darlehen, wird dieses grundsätzlich auch während der Zeit der Teilhabeleistung vom BAFzA fortgezahlt. Das Übergangsgeld ist daher nur aus dem tatsächlich ausgefallenen Arbeitsentgelt zu ermitteln.

zu b)

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können auch eine Aufstockung des Arbeitsentgelts über Wertguthaben vereinbaren (z. B. Verringerung der Arbeitszeit von 100 % auf 50 % bei einem Gehalt von 75 % des letzten Bruttoeinkommens). Der Versicherte erhält dann während der reduzierten Arbeitszeit in der Pflegephase eine Aufstockung des Arbeitsentgelts, entweder aus einem vorhandenen Wertguthaben oder als negatives Wertguthaben. Ein negatives Wertguthaben wird in der Nachpflegephase wieder erarbeitet (z. B. Arbeitnehmer arbeitet wieder voll, bekommt aber weiterhin nur 75 % des Bruttoarbeitsentgelts bis der Vorschuss nachgearbeitet ist). Die positiven sowie negativen Wertguthaben im Rahmen der Familienpflegezeit sind bei der Berechnung des Übergangsgeldes entsprechend der Regelung für das Wertguthaben für flexible Arbeitszeitregelungen zu berücksichtigen. Übergangsgeld darf nur auf der Basis des tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelts berechnet werden. Vereinbart der Versicherte demnach mit seinem Arbeitgeber die Inanspruchnahme eines Wertguthabens, wird in der eigentlichen Pflegephase Arbeitsentgelt gezahlt, welches jedoch teilweise noch nicht erarbeitet wurde. Dieses nur darlehensweise als negatives Wertguthaben gewährte Arbeitsentgelt unterliegt der Beitragspflicht und ist daher bei der Ermittlung des Regelentgelts zu berücksichtigen. Das Übergangsgeld ruht jedoch für die Zeit der Freistellung ggf. in Höhe des Wertguthabens (vgl. § 72 SGB IX). Im Anschluss an die Pflegephase darf Übergangsgeld entsprechend nur aus dem tatsächlich gezahlten Entgelt berechnet werden.

 

Rz. 34

Angesparte Wertguthaben, die nicht gemäß einer Vereinbarung über flexible Arbeitszeitregelungen verwendet werden (z. B. Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Arbeitsphase und Auszahlung des bisl...

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