Rz. 7

Nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 kann der Leistungsberechtigte auch dann ein Hilfsmittel beanspruchen, wenn dieses Hilfsmittel eine Behinderung (§ 2) bei der Befriedigung zumindest eines elementaren Grundbedürfnissen des täglichen Lebens ausgleicht. Zu den elementaren Grundbedürfnissen zählen u. a. das Sehen, das Hören, das Sprechen, die Fortbewegung, das Sitzen, die Nahrungsaufnahme einschließlich der Ausscheidung, die Körperpflege, die Erschließung eines geistigen Freiraums (u. a. die Aufnahme von Informationen), die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw. eines Schulwissens (bezüglich der Hilfen zur Bildung: vgl. Komm. zu § 5).

Bei der Beurteilung des Leistungsanspruchs bzw. -umfangs bei den Hilfsmitteln, die die Folgen einer Behinderung (z. B. Funktionseinschränkung oder -verlust) im Bereich der elementaren Grundbedürfnisse eines Menschen ausgleichen, ist zwischen 

  • dem unmittelbaren (Rz. 7a) und
  • dem mittelbaren (Rz. 7b ff.)

Behinderungsausgleich zu unterscheiden. Für § 47, der als solcher eine Unterteilung in unmittelbare und mittelbare Behinderungsausgleiche nicht vornimmt, ist die Unterteilung trotzdem aus folgendem Grund von Bedeutung:

Nach § 7 Abs. 1 richtet sich der Leistungsanspruch immer nach dem rehabilitationsträgerspezifischen Recht. Das bedeutet, dass für die Prüfung des Hilfsmittelanspruchs bei krankenversicherten Menschen mit Behinderung immer nur die Vorschriften der §§ 33, 34 SGB V anzuwenden sind. Diese beiden Vorschriften bestimmen auch den Umfang des Anspruchs. Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bei Hilfsmitteln ist beim unmittelbaren Behinderungsausgleich weitgehender als beim mittelbaren Behinderungsausgleich (vgl. Rz. 7a ff.). Für den Versorgungsumfang (z. B. Qualität, Quantität und Diversität der Hilfsmittelausstattung) kommt es z. B. beim mittelbaren Behinderungsausgleich (vgl. Rz. 7b ff.) allein auf den Umfang der mit dem begehrten Hilfsmittel zu erreichenden Gebrauchsvorteil an. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb haben die Krankenkassen im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG, Urteil v. 15.3.2018, B 3 KR 18/17 R).

Diese Rechtsprechung hat indirekt auch Auswirkungen auf die Anwendung des § 47 SGB IX. Kann also eine Krankenkasse bei Hilfsmitteln mit mittelbarem Behinderungsausgleich den gewünschten Komfort mit ihren Leistungen nicht decken, ist nicht zu prüfen, ob ein anderer Rehabilitationsträger im Rahmen des § 47 weitere Leistungen bereitzustellen hat, um einen sich ggf. aus § 47 ergebenden weiteren Leistungsanspruch mit höherem Komfort oder bei Mobilitäts-Hilfsmitteln mit höherer Reichweite zu erfüllen. Mit der Erfüllung des rehabilitationsträgerspezifischen Anspruchs gilt somit auch der jeweilige Leistungsanspruch i. S. d. § 47 als erfüllt. Das ergibt sich u. a. aus dem Urteil des BSG v. 26.6.2007 (B 1 KR 36/06 R). Danach regelt das SGB IX zwar eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführungen von Leistungen. Ob der einzelne Leistungsträger allerdings für alle unter dem Aspekt medizinischer Rehabilitation in Betracht kommende Einzelleistungen aufzukommen hat, richtet sich danach, ob der Träger für die betroffene Maßnahme als Ganzes zuständig ist. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird insoweit nach wie vor auf die für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während die Leistungsvorschriften des SGB IX nur maßgebend sind, soweit etwa im SGB V nichts Abweichendes vorgesehen ist (vgl. § 7 Abs. 1 sowie BSG, Urteil v. 26.3.2003, B 3 KR 23/02). Daran hat sich auch aufgrund des ab 1.1.2018 geltenden § 7 Abs. 1 Satz 2 nichts geändert.

Gleiches gilt, wenn der Leistungsanspruch wegen

"eingeschränkt" ist.

Allerdings ist aufgrund der Systematik des SGB X zu prüfen, ob ein möglicherweise weitergehender Teilhabebedarf noch durch andere Leistungsgruppen i. S. d. § 5 gedeckt werden kann. Im Zweifel will ein Mensch mit Behinderung immer die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen, sodass der gestellte Antrag auf Rehabilitations- und sonstige Teilhabeleistungen umfassend, also auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (BSG, Urteile v. 29.11.2007, B 13 R 44/07 R, und v. 21.8.2008, B 13 R 33/07 R).

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