Rz. 28

Bei der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung i. S. d. § 46 handelt es sich um Leistungskomplexe, die sowohl Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 42 Abs. 1 und 2 als auch Leistungen zur sozialen Teilhabe gemäß § 79 SGB IX (vgl. § 46 Abs. 3) umfassen – und zwar in interdisziplinärer Art. Das bedeutet, dass

  • die Rahmenbedingungen für die Einrichtungen, die in die interdisziplinäre Früherkennung und Förderung eingebunden werden, einheitlich definiert (vgl. hierzu Rz. 29),
  • Regelungen zur Abstimmung der von den unterschiedlichen Rehabilitationsträgern zu erbringenden Förder-, Therapie- und Beratungsangebote (Interdisziplinäre Komplexleistung) getroffen und
  • die verwaltungsmäßigen Verfahren von der Anerkennung einer entsprechenden Frühförderstelle und über die Genehmigung der Fördereinheiten bis zur Abrechnung der interdisziplinär zu erbringenden Leistungen geregelt

werden müssen. Da letztendlich jedes Bundesland länderspezifische Strukturen und Besonderheiten vorhält, wollte es der Gesetzgeber den Beteiligten auf Länderebene überlassen, die Leistungsdarbietung und den Rahmen dafür durch entsprechende Rahmenvereinbarungen zu regeln.

Entsprechende Landesrahmenvereinbarungen sind mittlerweile in vielen Bundesländern getroffen worden. Sie sind teils im Internet veröffentlicht (Fundstelle vgl. Rz. 52).

In dem bis zum 31.12.2017 geltenden Recht sollten die Regelungen zur Durchführung der Früherkennung und Frühförderung in Landesrahmenempfehlungen geregelt werden. Der zum 1.1.2018 durch § 46 erfolgte Wechsel von Landesrahmenempfehlungen zu Landesrahmenvereinbarungen (§ 46 Abs. 5) soll helfen, unter Berücksichtigung der länderspezifischen Besonderheiten eine höhere Verbindlichkeit und Sicherheit bei der Erbringung der Komplexleistung Frühförderung für die Leistungsträger und Leistungserbringer, vor allem aber für die betroffenen Kinder und ihre Familien zu erreichen (BT-Drs. 18/9522 S. 251).

2.5.1 Anforderungen an Interdisziplinäre Frühförderstellen (IFF)

 

Rz. 29

Als IFFs werden sowohl die IFFs als solche als auch die nach Landesrecht zugelassenen Einrichtungen mit vergleichbarem interdisziplinärem Förder-, Behandlungs- und Beratungsspektrum bezeichnet.

Nach § 3 FrühV (Rz. 3) sind IFFs familien- und wohnortnahe Dienste und Einrichtungen, die der Früherkennung, Behandlung und Förderung von Kindern dienen, um in interdisziplinärer Zusammenarbeit von qualifizierten medizinisch-therapeutischen und pädagogischen Fachkräften eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung (hiermit sind insbesondere Verhaltens- und Entwicklungsstörungen gemeint) zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und die Behinderung durch gezielte Förder- und Behandlungsmaßnahmen auszugleichen oder zu mildern. Die Leistungen der IFFs werden i. d. R. ambulant in einer entsprechenden Einrichtung oder, um ein Kind ggf. auch in der ihm gewohnten Umwelt zu therapieren, mobil erbracht.

Kennzeichnend für diese Stellen ist, dass regelmäßige interdisziplinäre Team- und Fallbesprechungen sowie der regelmäßige Austausch mit anderen das Kind betreuenden Institutionen (z. B. Tageseinrichtungen für Kinder, Sozialpädiatrischen Zentren, Erziehungsberatungsstellen) stattfinden. Außerdem arbeiten die Einrichtungen eng mit den für das Kind verantwortlichen Vertragsärzten und Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin zusammen. Die Beratung und Einbindung der Erziehungsberechtigten ist wesentlicher Bestandteil der Leistung.

In den Landesrahmenvereinbarungen (vgl. Rz. 28) sind gemäß § 46 Abs. 4 Nr. 1 die Anforderungen an interdisziplinär tätige

  • IFFs und
  • nach Landesrecht zugelassene Einrichtungen mit vergleichbarem interdisziplinärem Förder-, Behandlungs- und Beratungsspektrum

zu regeln – und zwar auch in Bezug zu den Mindeststandards, zu den Berufsgruppen (Professionen) und zur Personalausstattung sowie in Bezug auf die sachliche und räumliche Ausstattung.

 

Rz. 30

Damit das Erfordernis der Interdisziplinarität in einem ausreichenden Maße erfüllt wird, sollen Heilberufe unterschiedlicher Professionen "unter einem organisatorischen Dach" Hand in Hand tätig werden. In der Regel können im Rahmen der Diagnostik und Förderung folgende Berufsgruppen eingebunden sein:

  • für den ärztlichen/psychologischen Bereich ein Facharzt (möglichst für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und ein Psychologe mit Schwerpunktkenntnissen in der frühkindlichen Entwicklung),
  • für den medizinisch-therapeutischen Bereich Physiotherapeuten/Krankengymnasten (möglichst mit neurophysiologischer Zusatzausbildung), Sprachtherapeuten (z. B. Logopäden, Sprachheilpädagogen) sowie Ergotherapeuten,
  • für den heilpädagogischen Bereich u. a. Pädagogen, Diplom-Sonderpädagogen, Diplom-Heilpädagogen, Diplom-Sozialpädagogen, Diplom-Sozialarbeiter sowie Hochschulabsolventen mit vergleichbaren Bachelor- oder Master-Abschlüssen, vorzugsweise mit den Schwerpunkten Heilpädagogik, Sozialpädagogik/Soziale Arbeit, Rehabilitationspädagogik, Frühe Kindheit sowie staatlich anerkannte Heilpädagogen, Erzieher mit heilpädagogischer Zusatzausbildung, Motopäden/Motologen, Rehabilita...

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