Rz. 18

Die Rehabilitationsträger haben nicht zuletzt aufgrund der Gemeinsamen Empfehlungen (Rz. 14 ff.) zwischenzeitlich Instrumente entwickelt, um frühzeitig den Rehabilitations-/Teilhabebedarf zu identifizieren, bevor eine Verschlimmerung der Krankheit zu Beeinträchtigungen der Aktivitäten führt. Nachstehend werden exemplarisch 4 dieser Instrumente vorgestellt. Eine davon basiert auf Aktivitäten der Betriebs- und Werksärzte (WEB-Reha, vgl. Rz. 19), die andere auf Aktivitäten der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger ("Frühe Reha", Rz. 20) und die dritte und vierte auf Aktivitäten aller Beteiligter (Betriebliche Gesundheitsförderung, Rz. 21, und Betriebliches Eingliederungsmanagement, Rz. 21a).

2.3.1 WEB-Rehabilitation

 

Rz. 19

Aufgrund der Verschiebung der Alterspyramide und der Verlängerung der Lebensarbeitszeit erwartet die Deutsche Rentenversicherung einen erheblichen Anstieg an Rehabilitationskosten. Um diesem Anstieg entgegenzuwirken, versuchen einige regionale Rentenversicherungsträger, den Eintritt der Erwerbsminderung des Arbeitnehmers und damit das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch spezielle präventive Maßnahmen zu verhindern oder hinauszuzögern.

Ziel ist die Identifizierung von gesundheitlich vorbelasteten Arbeitnehmern, die bisher trotz mehrerer kurzer Arbeitsunfähigkeitszeiten noch nicht auffällig geworden sind, aber bei denen bei unveränderter Fortführung der beruflichen Tätigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und somit eine Behinderung droht.

Bei dem Projekt der WEB-Reha, welches z. B. die DRV Rheinland durchführt, sollen sektorübergreifend Werks-/Betriebsärzte, Rehabilitationsträger, stationäre und ambulante Reha-Einrichtungen sowie Hausärzte sektorübergreifend vernetzt werden. Dabei erkennt der Werks-/Betriebsarzt, der den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers und den Arbeitsprozess kennt, die Reha-Bedürftigkeit des Arbeitnehmers und kann gemeinsam mit ihm ein Reha-Antragsverfahren einleiten. Ein Anforderungsprofil zum aktuellen Arbeitsplatz hilft den Fachärzten in der Reha-Klinik dabei, die Reha arbeitsplatzbezogen zu gestalten. Bei der betrieblichen Wiedereingliederung des Arbeitnehmers wird der Werks-/Betriebsarzt erneut mit einbezogen.

Die Rentenversicherungsträger prüfen unter Berücksichtigung des präventiven Gedankens die Leistungsansprüche nach §§ 9 ff. i. V. m. § 14 SGB VI (bis 31.12.2016: § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) und bewilligen bei Bedarf eine ambulante oder stationäre Leistung in ausgesuchten Rehabilitationseinrichtungen, die über einen Zeitraum von mindestens 3 Wochen arbeitsplatzspezifische Vorsorgeschulungen/-maßnahmen anbieten. An die stationären Rehabilitationsleistungen schließt sich meist eine bis zu 26 Wochen andauernde ambulante Intensivierte Rehabilitationsnachsorge (IRENA, vgl. Komm. zu § 17 SGB VI) an.

2.3.2 Frühe Rehabilitation

 

Rz. 20

Viele Arbeitnehmer werden für die Rehabilitationsträger nicht auffällig, weil sie immer nur kurz und womöglich auch immer wegen unterschiedlicher Diagnosen arbeitsunfähig erkranken. Einige Krankenkassen haben mit den Rentenversicherungsträgern vereinbart, dass z. B. Arbeitnehmer, die wegen unterschiedlicher, kurz andauernder Erkrankungen im Laufe eines Jahres länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt waren, unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorschriften (vgl. § 35 SGB I und § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) an bestimmte Ansprechpartner der Rentenversicherungsträger gemeldet werden. Diese prüfen dann über einen vom Versicherten ausgefüllten Selbstauskunftsbogen und anhand von medizinischen Berichten/Befunden, ob die Erwerbsfähigkeit gefährdet ist und ob unter Berücksichtigung des Präventionsgedankens gemäß § 14 SGB VI Teilhabeleistungen sinnvoll sind. Durch diese Vorgehensweise wird bei vielen Arbeitnehmern ein möglicher Rehabilitations-/Teilhabebedarf frühzeitig erkannt und der Eintritt einer Erwerbsminderung verhindert bzw. hinausgezögert.

2.3.3 Betriebliche Gesundheitsförderung

 

Rz. 21

Rechtsgrundlage für die Durchführung der Betrieblichen Gesundheitsförderung ist seit dem 24.7.2015 § 20b SGB V (davor § 20a SGB V). Zwar konzentriert sich die betriebliche Gesundheitsförderung nicht auf einen, sondern auf alle Arbeitnehmer eines Betriebes/Betriebsteiles, allerdings werden hierdurch gesundheitliche Risiken für die Arbeitnehmer frühzeitig erkannt. Durch entsprechende Maßnahmen (Screenings, Auswertung von Selbstauskunftsbögen, Reihenuntersuchungen usw.) konnten auch hier die Gesundheit vieler Arbeitnehmer gestärkt sowie

  • der Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder
  • die Entstehung von Teilhabestörungen

erfolgreich verhindert werden. Im Übrigen wird auf die Komm. zu § 20b SGB V verwiesen. Zur Abgrenzung des § 20b SGB V im Verhältnis zu § 3 vgl. Rz. 22.

2.3.4 Betriebliches Eingliederungsmanagement

 

Rz. 21a

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist bei allen Arbeitnehmern anzuwenden, die innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Nach § 167 Abs. 2 hat der Arbeitgeber in diesen Fällen dem Arbeitnehmer anzubieten,

  • mit ihm und
  • mit der zuständigen Interessenvert...

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