Rz. 16

Mit dem Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes v. 8.7.2019 (BGBl. I S. 1025) wurde zum 1.8.2019 das Ausbildungsgeld im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen und bei Maßnahmen der beruflichen Bildung bei anderen Leistungsanbietern (§ 60) von bis dahin 67,00 EUR monatlich im ersten Jahr der Bildungsmaßnahme und 80,00 EUR monatlich im zweiten Jahr auf monatlich 117,00 EUR für beide Jahre angehoben (weiterer Anstieg auf monatlich 119,00 EUR ab dem 1.8.220, Art. 2 Nr. 8 des o. a. Gesetzes). Da der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes der im Arbeitsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen beschäftigten Menschen mit Behinderung der Höhe nach der Höhe des zuletzt gezahlten Ausbildungsgeldes entsprechen muss (§ 221 Abs. 2 Satz 1), hätte der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes bei nunmehr ebenfalls monatlich 117,00 EUR (ab 1.8.2020 bei 119,00 EUR) liegen müssen.

 

Rz. 17

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen hatte in ihren Stellungnahmen zu dem Gesetzgebungsvorhaben die Anhebung des Ausbildungsgeldes sowie die Zahlung der Leistung in einheitlicher Höhe für beide Jahre der Bildungsmaßnahme begrüßt, jedoch auf eine Problematik aus ihrer Sicht hingewiesen. In vielen Werkstätten sei es bereits heute nur schwer möglich, allen Werkstattbeschäftigten ein Arbeitsentgelt wenigstens in Höhe des gesetzlich vorgegebenen Grundbetrages zahlen zu können. Diese Problematik verschärfe sich bei einer Anhebung des Ausbildungsgeldes und damit des Grundbetrages um ca. 46 %. Hierdurch müssten die Umsätze in den Werkstätten um diesen Prozentsatz ansteigen, was jedoch bei den meisten Werkstätten, insbesondere in den neuen Bundesländern, nicht zu erreichen sei. In Werkstätten, in denen höhere Umsätze erzielt würden und der Grundbetrag evtl. in der neuen Höhe gezahlt werden könnte, müssten i. d. R. aber die leistungsbezogenen Steigerungsbeträge der Arbeitsentgelte zulasten der leistungsstärkeren Beschäftigten entsprechend gekürzt werden. Dies würde zu Unmut unter diesen Beschäftigten führen.

 

Rz. 18

Der Gesetzgeber trug diesen Bedenken Rechnung. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages empfahl in seiner Sitzung v. 5.6.2019, dass der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes ab 1.8.2019 bis zum 31.12.2022 in 4 Stufen angepasst werden solle. Der Deutsche Bundestag stimmt dieser Empfehlung zu.

  • Ab dem 1.8.2019 beträgt der Grundbetrag mindestens 80,00 EUR monatlich.
  • Ab dem 1.1.2020 beträgt der Grundbetrag mindestens 89,00 EUR monatlich.
  • Ab dem 1.1.2021 beträgt der Grundbetrag mindestens 99,00 EUR monatlich.
  • Ab dem 1.1.2022 bis zum 31.12.2022 beträgt der Grundbetrag mindestens 109,00 EUR monatlich.

Ab dem 1.1.2023 ist dann der Betrag von monatlich 119,00 EUR erreicht, der für das Ausbildungsgeld ab dem 1.8.2020 vorgesehen ist. Durch das Wort "mindestens" ist zum Ausdruck gebracht worden, dass in einer Werkstatt, die wirtschaftlich leistungsfähig ist, auch ein höherer als der für die jeweiligen Jahre zwingend vorgeschriebene Grundbetrag gezahlt werden kann.

In einem Entschließungsantrag stellten die Koalitionsfraktionen den Antrag, der Deutsche Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, innerhalb von 4 Jahren unter Beteiligung der Werkstatträte, der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen, der Wissenschaft und weiterer maßgeblicher Akteure zu prüfen, wie ein transparentes, nachhaltiges und zukunftsfähiges Entgeltsystem entwickelt werden könne (Entschließungsantrag v. 5.6.2019, BT-Drs. 19/10715). Der Deutsche Bundestag nahm diesen Entschließungsantrag ebenfalls an.

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