Rz. 2

Aufgrund des gegliederten Sozialversicherungs- und Rehabilitationsträgersystems werden die aus dem SGB IX erwachsenen Aufgaben abhängig von der Zielsetzung der Leistungen und der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen von unterschiedlichen Rehabilitationsträgern wahrgenommen. Damit der Mensch mit Behinderung bzw. mit drohender Behinderung die ihm zustehenden, rehabilitationsträgerübergreifenden Leistungen zügig erhält, müssen die einzelnen Rehabilitationsträger untereinander in einem funktionierenden Netzwerk stehen – und zwar insbesondere dann, wenn die Leistungen

  • von unterschiedlichen Rehabilitationsträgern (§ 6) oder
  • im Rahmen von unterschiedlichen Leistungsgruppen i. S. d. § 5

gleichzeitig oder in zeitlicher Abfolge hintereinander bereitzustellen sind (BT-Drs. 18/9522, S. 236 f. zu § 19 SGB IX – und zwar Ausführungen zu Abs. 4).

Zwar verpflichtet § 86 SGB X alle Leistungsträger und somit auch die Rehabilitationsträger bei der Erledigung ihrer unterschiedlichen Aufgaben zu einer engen Zusammenarbeit. Aber damit wird nicht die Zielsetzung verfolgt, die Leistungen unterschiedlicher Rehabilitationsträger i. S. des Leistungsberechtigten aufeinander abzustimmen, damit die erforderlichen Leistungen

  • funktionsbezogen festgestellt werden,
  • zur Erzielung einer dauerhaft erfolgreichen Rehabilitation möglichst nahtlos ineinandergreifen.

Nach § 9 haben die Rehabilitationsträger

  • bei der Bearbeitung von Anträgen auf Sozialleistungen,
  • während der Leistung selbst und
  • beim Abschluss von Sozialleistungen (z. B. Auswerten von Entlassungsberichten)

zu prüfen, ob im Einzelfall ein noch offener Teilhabebedarf besteht. Ergeben die Feststellungen, dass zur Befriedigung des Teilhabebedarfs mehrere Rehabilitationsträger (§ 6) oder mehrere Leistungsgruppen (vorwiegend § 5 Nr. 1, 2, 4 und 5) beteiligt sind, verpflichtet § 19 den nach § 14 leistenden Rehabilitationsträger, die erforderlichen Teilhabeleistungen unterschiedlicher Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten zu koordinieren (Abs. 1). Dieses erfolgt in Form eines schriftlichen Teilhabeplans.

Wenn der den Teilhabeplan erstellende Rehabilitationsträger feststellt, dass auch Anhaltspunkte

  • für eine Pflegebedürftigkeit i. S. d. §§ 14 SGB XI,
  • für eine Schwerbehinderung (§ 151 ff.) oder
  • für einen bestehenden bzw. drohenden Arbeitslosengeld II-Bezug

vorliegen, sind die entsprechenden Leistungsträger – nämlich die zuständige Pflegekasse, das Integrationsamt und/oder das Jobcenter – hinzuziehen (§ 23).

 

Rz. 2a

Bei dem Informationsaustausch haben die Rehabilitationsträger die vertrauenswürdigen Daten des Betroffenen gegenüber Unbefugten zu schützen (§§ 67 ff. SGB X, § 35 SGB I). Aus diesem Grund ist bei Einleitung des Teilhabeverfahrens auch immer die Einwilligung des Antragstellers zur Eröffnung eines Teilhabeplanverfahrens einzuholen. Liegt die Einwilligung in Form der Unterschrift des Leistungsberechtigten nicht vor, scheitert die Einleitung eines trägerübergreifenden Teilhabeplanverfahrens; die Rehabilitationsträger müssen dann ohne die ergänzenden Informationen des Leistungsberechtigten

  • zu seiner Person (person-bezogene Kontextfaktoren wie z. B. Alter, Geschlecht, Ausbildung, Lebensstil, Motivation),
  • zu seiner ihn begleitenden Mit- und Umwelt (sog. Umweltfaktoren; sie bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten),
  • zu seinen persönlichen Zielen, Wünschen und Vorstellungen

versuchen, aufgrund der Aktenlage den Teilhabebedarf zu ermitteln und hintereinander oder parallel notwendige Leistungen unterschiedlicher Rehabilitationsträger so nahtlos und so vollständig wie möglich zu gestalten. Die fehlende Einwilligung zur Eröffnung des Teilhabeplanverfahrens bedeutet nicht, dass der Leistungsberechtigte zugleich auf die nach Aktenlage notwendigen Leistungen verzichtet.

 

Rz. 2b

Teilweise wird der Teilhabeplan mit dem Gesamtplan verwechselt. In der Eingliederungshilfe gibt es einen Gesamtplan, dessen Rechtsgrundlage sich in der Zeit

findet. Die Erstellung eines Gesamtplans durch den Träger der Eingliederungshilfe hat immer zu erfolgen, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe beansprucht werden können. Der Gesamtplan dient der Ermittlung, Planung, Steuerung, Dokumentation und Wirkungskontrolle von Unterstützungsleistungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe mit dem Ziel erbracht werden, Menschen mit Behinderungen die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Mit der Gesamtplanung ist gleichzeitig die Teilhabeplanung durchzuführen, wenn zeitgleich oder im zeitlichen Zusammenhang unmittelbar aufeinanderfolgend

  1. mehr als ein Rehabilitationsträger (§ 6) beteiligt ist,
  2. mehrere Leistungsgruppen (§ 5) vorliegen (z. B. Teilhabe am Arbeitsleben und Soziale Teilhabe) oder
  3. der Leistungsberechtigte eine Erstellung eines Teilhabeplans wünscht.

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