Rz. 65

Erhält ein Rehabilitationsträger von dem erstangegangenen Rehabilitationsträger einen Antrag auf Teilhabeleistungen weitergeleitet, wird er zweitangegangener und damit zugleich "leistender" Rehabilitationsträger (Ausnahme: § 14 Abs. 3; vgl. Rz. 66). Als zweitangegangener Rehabilitationsträger hat er

  • die Teilhabebedarfe (§ 4) und
  • die Leistungsansprüche (§ 5)

rehabilitationsträgerübergreifend anhand aller Rechtsgrundlagen (= alle Bücher des SGB einschließlich seiner Sondergesetze) zu prüfen, die in der konkreten Bedarfssituation vorgesehen sind (BSG, Urteil v. 30.10.2014, B 5 R 8/14 R).

Der Rehabilitationsträger, an den der Rehabilitationsantrag weitergeleitet wurde, muss demnach bei Vorliegen eines berechtigten Teilhabebedarfs die erforderlichen Rehabilitationsleistungen (spätestens nach 3 Wochen) selbst dann bewilligen, wenn dem Grunde nach ausschließlich andere Rehabilitationsträger zuständig wären. Dabei handelt es sich um eine gleichsam "aufgedrängte Zuständigkeit". Sie begründet gegenüber dem Antragsteller eine eigene, gesetzliche Verpflichtung des "zweitangegangenen Trägers", die – vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X – einen endgültigen Rechtsgrund für das "Behalten dürfen" der Leistung in diesem Rechtsverhältnis bildet (BSG, Urteile v. 26.6.2007, B 1 KR 36/06 R, und v. 24.1.2013, B 3 KR 5/12 R). Dabei gibt es eine Ausnahme: Fühlt sich der zweitangegangene Rehabilitationsträger für alle in Betracht kommenden Leistungen nicht zuständig, kann er ausnahmsweise den Antrag noch einmal weiterleiten – dann aber nur nach vorheriger Zustimmung desjenigen Rehabilitationsträgers, an den weitergeleitet werden soll (vgl. Rz. 66).

Stellt also der zweitangegangene Rehabilitationsträger fest, dass er den Teilhabebedarf nicht allein mit seinem Leistungsspektrum, sondern nur mit Hilfe von Teilhabeleistungen anderer Rehabilitationsträger befriedigen kann, hat er die Leistungen trotzdem trägerübergreifend festzustellen und aufgrund der rehabilitationsträgerübergreifenden Anspruchsgrundlagen zu leisten. Ggf. ist die Einholung der Amtshilfe eines anderen Rehabilitationsträgers (§ 3 SGB X) notwendig, um z. B. die finanzielle Hilfebedürftigkeit nach § 91 i. V. m. § 135 ff. und deshalb den Anspruch auf die Teilhabeleistung zu beurteilen.

Bezüglich der einzuhaltenden Fristen und der Verpflichtung zur Ermittlung eines umfassenden Teilhabebedarfs wird auf die Ausführungen unter Rz. 61 ff. verwiesen.

Eine Ablehnung des Antrages auf die Teilhabeleistung ist durch den zweitangegangenen Rehabilitationsträger nur dann möglich, wenn

  • rehabilitationsträgerübergreifend gesehen keine Rehabilitationsbedürftigkeit bzw. kein Teilhabebedarf festgestellt werden kann (z. B.: Es sind im Rahmen der Krankenbehandlung nur solitäre Heilmittel nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 32 SGB V notwendig),
  • keine Rehabilitationsfähigkeit besteht (z. B.: Der Abhängigkeitserkrankte hat keine Krankheitseinsicht, um bei einer Rehabilitation – Entwöhnung von der Sucht – ausreichend mitarbeiten zu können) oder
  • keine adäquate Leistungen im eigenen Leistungsspektrum und im Leistungsspektrum aller anderen Rehabilitationsträger festgestellt werden können (z. B.: der Betroffene benötigt Teilhabeleistungen, die i. S. d. § 91 i. V. m. § 135 ff. SGB IX einkommensabhängig sind und der Betroffene hat ein zu hohes Einkommen).
 

Rz. 65a

Grafik hier

 

Rz. 65b

Leistet der zweitangegangene Rehabilitationsträger rehabilitationsträgerübergreifend, steht es ihm frei, für die von seinem Leistungsspektrum nicht erfassten Leistungen einen Erstattungsanspruch bei dem anderen Rehabilitationsträger anzumelden. Dieser Erstattungsanspruch umfasst auch die 5 %-ige Verwaltungskostenpauschale nach § 16 Abs. 3 (vgl. Komm. zu § 16).

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