Rz. 10

In Abs. 2 wird für Menschen mit Behinderungen, die gleichzeitig Pflegebedarf haben, das Verhältnis zwischen Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII geregelt. Treffen diese Leistungen zusammen – unabhängig davon, ob sie gleichartig oder nicht gleichartig sind –, gilt der sog. Lebenslagenansatz. Abs. 2 wurde im Gesetzgebungsverfahren neu gefasst (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 18/10523, zu Art. 1 Buchst. u).

 

Rz. 11

Der Gesetzgeber hat sich für die Zuordnung der Leistungen als Kriterium für die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung entschieden.

Der Gesetzgeber hat zur Begründung dieses Ansatzes ausgeführt, dass Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs – mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) – grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben haben. Aufgabe der Pflege sei die Kompensation von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei die Förderung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. In der Lebenssituation eines Menschen, der von Geburt an oder in seiner aktiven Erwerbsphase mit einer Behinderung konfrontiert werde, sei für Menschen mit Behinderungen neben der Sozialen Teilhabe die Teilhabe an Bildung oder die Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern. Bei diesen Menschen stehen die Leistungen der Eingliederungshilfe im Vordergrund. Ein Mensch, bei dem erst im vorgerückten Alter Pflegebedürftigkeit und Behinderung eintrete, sei typischerweise im Wesentlichen auf Pflegeleistungen angewiesen.

2.2.1 Leistungen außerhalb von Einrichtungen (Satz 1)

 

Rz. 12

Satz 1 HS 1 regelt, dass bei Leistungsberechtigten nach Teil 2 des SGB IX, also bei Menschen mit Behinderungen, die Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, solange die Teilhabeziele nach Maßgabe des Gesamtplanes (§ 121) erreicht werden können, die Leistungen der Eingliederungshilfe zugleich die Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 64a bis 64f SGB XII sowie den Entlastungsbetrag nach den §§ 64i und 66 SGB XII umfassen. Da die Eingliederungshilfe damit auch die Leistungen der Hilfe zur Pflege umfasst, gelten auch insoweit die günstigeren Einkommens- und Vermögensregelungen der Eingliederungshilfe. Auch entfällt somit ein Beitrag des Ehe- oder Lebenspartners. Eine Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB XII entfällt damit für diesen Personenkreis. Mit Art. 1 des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts v. 6.6.2023 (BGBl. I Nr. 146) ist die Verweisung auf § 64i SGB XII durch die Verweisung auf die §§ 64i bis § 64k SGB XII ersetzt worden. Durch Art. 1 Nr. 12 des Teilhabestärkungsgesetzes v. 2.6.2021 (BGBl. I S. 1387) waren die Leistungen der häuslichen Pflege nach dem SGB XII um einen Anspruch auf digitale Pflegeanwendungen (§ 64j SGB XII) sowie einen Anspruch auf ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k SGB XII) erweitert worden. Mit der Erweiterung des Satzes 1 um die zusätzliche Verweisung auf diese Vorschriften im SGB XII ist dies in den Fällen des Abs. 2, in denen die Leistungen der Eingliederungshilfe auch die Leistungen der häuslichen Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII umfassen, zum 14.6.2023 nachvollzogen worden.

 

Rz. 13

Verwiesen wird ausschließlich auf die Leistungen nach den §§ 64a bis 64k SGB XII. Damit findet die Regelung keine Anwendung auf Fälle, in denen neben der Eingliederungshilfe zugleich Leistungen der (teil-)stationären Pflege erbracht werden. Leistungen der teilstationären Pflege werden im Unterschied zu den Leistungen der häuslichen Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege erbracht, soweit die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder die teilstationäre Pflege zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist (§ 64g i. d. F. des Dritten Pflegestärkungsgesetzes – PSG III v. 23.12.2016, BGBl. I S. 3191). In diesen Fällen dominieren im Verhältnis zu den Leistungen der Eingliederungshilfe die pflegerischen Leistungen. Zur Sicherstellung einer adäquaten pflegerischen Versorgung ist es daher erforderlich, dass in den Fällen eines nicht nur vorübergehenden Bezuges von Leistungen der teilstationären Pflege oder der Kurzzeitpflege die pflegerischen Leistungen unmittelbar durch den zuständigen Leistungsträger erbracht werden. Leistungslücken sind damit nicht verbunden, da Leistungsberechtigte in diesen Fällen ihre Leistungen durch den jeweils zuständigen Leistungsträger erhalten.

 

Rz. 14

Satz 1 HS 2 regelt, dass, soweit vor Erreichen der Rentenaltersgrenze Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht worden sind, auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze die Leistungen der Eingliederungshilfe weiterhin die Leistungen der Hilfe zur Pflege umfassen.

Da die Eingliederungshilfe die Leistungen der Hilfe zur Pflege umfasst, gelten auch insoweit die günstigeren Einkommens- und Vermögensregelungen der...

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