Rz. 7

Nach Abs. 1 Satz 2 werden heilpädagogische Leistungen immer an schwerstbehinderte und schwerstmehrfachbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind, erbracht. Schwerstbehinderte Menschen sind definitorisch von behinderten bzw. schwerbehinderten Menschen abzugrenzen. Schwerstbehinderung ist gekennzeichnet durch mehrere komplexe Beeinträchtigungen sehr vieler Fähigkeiten des betroffenen Menschen auf emotionaler, kognitiver, körperlicher, sozialer und kommunikativer Ebene. Diese Regelung greift die gefestigte Rechtsprechung auf, die einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem BSHG bereits dann bejaht, wenn Aussicht auf spürbare Verbesserung – sei es auch nur im Bereich einfachster lebenspraktischer Fähigkeiten – besteht. Insbesondere bei Kindern ist immer von einer Förderbarkeit auszugehen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen Schwerstbehinderung oder Schwerstmehrfachbehinderung eines Kindes eine erhebliche Pflegebedürftigkeit zur Folge haben (z. B. Apallisches Syndrom). Diese stets anzunehmende Förderbarkeit ist dadurch klargestellt, dass Satz 2 den Leistungsträger verpflichtet, bei Vorliegen einer Schwerstbehinderung oder Schwerstmehrfachbehinderung immer die Leistung zu erbringen.

 

Rz. 8

Die Voraussetzung der Möglichkeit einer Milderung der Folgen einer Behinderung wird dabei unterstellt. Auf eine Abgrenzung zwischen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe kommt es in diesen Fällen demzufolge gleichfalls nicht mehr an. Gleichwohl setzt die Erbringung der Leistung voraus, dass diese faktisch möglich ist. Bestehen hieran erhebliche Zweifel, ist durch ärztliche Gutachten zunächst festzustellen, welche Prognose besteht, die Möglichkeit der Leistungserbringung zu einem späteren Zeitpunkt dennoch zu realisieren. Eine Einstellung der Leistung oder eine Erbringung von Hilfe zur Pflege anstelle der heilpädagogischen Leistungen nach § 79 Abs. 1 Satz 2 ist auf Grund des klaren Wortlauts der Vorschrift nicht zulässig. Erst wenn medizinisch absolut verneint werden kann, dass die Erbringung heilpädagogischer Leistungen zukünftig möglich sein wird, sind die Grenzen des § 79 erreicht.

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