Rz. 6

Jedes Land hat zur Regelung von Streitigkeiten im Vertragsrecht der Eingliederungshilfe eine oder mehrere Schiedsstellen zu errichten (Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1). Damit ist die Bildung einer länderübergreifenden Schiedsstelle ausgeschlossen.

Die Aufgabe der Schiedsstelle muss sich auf die Materie des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe beschränken. Eine Zuständigkeit für Streitigkeiten aus anderen Sozialgesetzbüchern (SGB V, SGB VIII, SGB XI) ist grundsätzlich ausgeschlossen (zur Kritik generell an der Aufsplitterung der Schiedsgerichte im Bereich des Sozialrechts: Gottlieb, Sozialrecht aktuell 2012 S. 150; Gottlieb/Krüger, NDV 2013 S. 571). Allerdings könnte aus pragmatischen Gründen wegen der Nähe der Sozialmaterie die Betrauung einer SGB XII – Schiedsstelle mit den Aufgaben aus dem 2. Teil SGB IX zugelassen werden. Verfahren nach SGB IX und SGB XII sind in diesem Fall strikt zu trennen. Hier bleibt die Entscheidung der Länder abzuwarten. Bayern sieht im Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zum Bayerischen Teilhabegesetz I (BayTHG I) v. 1.8.2017, Drs. 17/18388 Bay.Landtag, mit Wirkung zum 1.1.2018 die Errichtung einer eigenständigen Schiedsstelle nach § 133 (Eingliederungshilfe) vor (vgl. § 3 BayTHG I, Ergänzung der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze – AVSG v. 2.12.2008, Bay.GVBl. S. 912).

 

Rz. 7

Die Funktion der Schiedsstelle als neutrale Stelle dient sowohl dem Interesse der Träger der Eingliederungshilfe an einer ausreichenden und kostengünstigen Versorgung der Leistungsberechtigten als auch dem Interesse der Leistungserbringer an einer angemessenen Vergütung ihrer Leistungen; sie hat somit einen Interessenausgleich herbeizuführen. Schiedsstellen haben sich seit ihrer Einführung im Jahre 1994 (durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms – 2. SKWPG, BGBl. 1993 I S. 2374) bewährt (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 306 f.). Schiedsstellen haben keine eigenen, sondern von den Vertragsparteien abgeleitete Aufgaben. Den Vertragsparteien kommt das Dispositionsrecht über Inhalte und Umfang der Vergütungs- und Leistungsvereinbarungen zu (vgl. Komm. zu § 126 Rz 13). Schiedsstellen sind insoweit "Vertragshilfeorgane" (Becker, SGb 2013 S. 664, 666).

 

Rz. 8

§ 133 sichert die Schiedsstelle institutionell ab. Die zunächst vorgesehene Pflicht, die Schiedsstelle "bei der zuständigen Landesbehörde" zu bilden (§ 80 Abs. 1 SGB XII i. d. F. bis 6.12.2006), wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 2.12.2006 (BGBl. I 2670) gestrichen. Üblich bleibt die Anbindung an eine Landesbehörde. Nordrhein-Westfalen hat jeweils eine Schiedsstelle für die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf bei der Bezirksregierung Köln und eine weitere für die Regierungsbezirke Münster, Detmold und Arnsberg bei der Bezirksregierung Münster eingerichtet (§ 1 Abs. 1 SchV.NRW, GV.NRW 1994 S. 816).

 

Rz. 9

Der Rechtscharakter der Schiedsstelle ist in der Literatur umstritten. Nach ständiger Rechtsprechung hat sie Behördenqualität, ihre Entscheidungen sind vertragsgestaltende Verwaltungsakte i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X (st. Rspr. BSG, Urteil v. 23.7.2014, B 8 SO 2/13 R, Rz. 11, BSGE 116 S. 227 m. w. N.; vgl. Komm. zu § 126 Rz. 19; zumindest Behörde im funktionalen Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X, so Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 80 Rz. 30; Becker, SGb 2013 S. 664, 667).

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