Rz. 15

Die Vertragsparteien haben unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Abs. 2 und unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Abs. 2 (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit) Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen festzulegen. Der bisherige Begriff "Maßnahmepauschale" (§ 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019) wird durch "Leistungspauschale" ersetzt, betrifft aber ebenso wie der Begriff "Maßnahmepauschale" die Fachleistungen der Eingliederungshilfe. Die Änderung der Begrifflichkeit trägt der veränderten Systematik der Eingliederungshilfe Rechnung, da nunmehr grundsätzlich lediglich Fachleistungen der Eingliederungshilfe und nicht mehr existenzsichernde Leistungen vereinbart werden (Rosenow, RP Reha 4/2016 S. 20, 24).

Im Gegensatz zum bisherigen Recht (§ 75 Abs. 2 Satz 2 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019 "kann") sind Leistungspauschalen von den Vertragsparteien nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf zu kalkulieren (Abs. 3 Satz 3 Alt. 1) oder es kann (neu) alternativ eine Kalkulation nach Stundensätzen erfolgen (Abs. 3 Satz 3 Alt. 2). Allerdings beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Einführung der "Kann-Regelung" in § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB XII mit Art. 9a des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze v. 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung zum 22.7.2009 bereits die Eröffnung der Möglichkeit, auf die Finanzierung von Leistungsstunden abzustellen und dabei regionale Besonderheiten abzustellen (vgl. BT-Drs. 16/13424 S. 35). Die Neuregelung führt diesen Ansatz nur folgerichtig fort.

Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf aufbauend auf eine differenzierende Charakterisierung des zu betreuenden Personenkreises in der Leistungsvereinbarung (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) lassen sich durch die Zielgruppe, die Hilfeziele, die Art und den Umfang der Leistung, Qualitätsmerkmale sowie personelle, räumliche und sachliche Ausstattungserfordernisse beschreiben. Schwanken die individuellen Hilfebedarfe der vom jeweiligen Leistungstyp erfassten Leistungsberechtigten stark, so kann es sich anbieten, innerhalb einzelner Leistungstypen Hilfebedarfsgruppen zu bilden (vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 76 Rz. 14). Da diese Methodik von Durchschnittswerten ausgeht, sind Abweichungen im tatsächlichen Bedarf nach oben und unten systemimmanent, ohne dass darin ein Verstoß gegen die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung liegt (vgl. BSG, Urteil v. 25.9.2014, B 8 SO 8/13 R, Rz. 22, SozR 4-3500 § 53 Nr. 4). Faktisch werden hier Leistungsspektren definiert, die nicht den Leistungen entsprechen müssen, die im Einzelfall aufgrund der individuellen Bedarfsplanung tatsächlich zu erbringen sind (Rosenow, RP Reha 4/2016 S. 20, 22). Eine Praxis, nach der informelle Vereinbarungen für Fälle mit besonders umfangreichem Bedarf entgegen den vorliegenden Vereinbarungen geschlossen werden, ist unzulässig (Rosenow, RP Reha 4/2016 S. 20, 23; BSG, Urteil v. 25.9.2014, B 8 SO 8/13 R, Rz. 13, 20, SozR 4-3500 § 53 Nr. 4). Das privatrechtliche Erfüllungsverhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer muss den nach § 125 geschlossenen Vereinbarungen entsprechen. Der Leistungserbringer ist nicht berechtigt, im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis zulasten des Leistungsberechtigten eine Erhöhung der Vergütung oder eine zusätzliche Vergütung zu verlangen. Der Leistungserbringer trägt die Gefahr, dass er bei sehr offenen bzw. undifferenzierten Leistungstypbeschreibungen in einer Leistungsvereinbarung nach § 125 auch Leistungsberechtigte mit hohem Betreuungsaufwand aufzunehmen hat, ohne dass hierfür eine den Aufwendungen im Einzelfall entsprechende Vergütung gewährt wird (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.6.2015, L 7 SO 1447/11 Rz. 76, Sozialrecht aktuell 2016 S. 31, Revision beim BSG anhängig: B 8 SO 10/16 R). Es bleibt der Weg, bei signifikantem Auftreten dieser Fälle eine Folgevereinbarung anzustreben. Bestätigt wird diese Auslegung auch durch die Neuregelung des § 127 Abs. 1 Satz 3, wonach sich die zu zahlende Vergütung bei Leistungspauschalen, die nach Gruppen von Leistungsberechtigten kalkuliert sind (Abs. 3 Satz 3), nach der Gruppe richtet, die dem Leistungsberechtigten vom zuständigen Träger der Eingliederungshilfe bewilligt wurde.

Die nach Abs. 3 Satz 3 Alt. 1 zu bildenden Vergleichsgruppen dienen hierbei lediglich als Kalkulationsgrundlage für die Leistungspauschale; die Einstufung in eine Vergleichsgruppe stellt daher noch keinen Verwaltungsakt dar (BSG, Urteil v. 2.2.2010, B 8 SO 21/08 Rz. 14, juris; auch Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 76 Rz. 6, 15a f.; Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 76 Rz. 76 ff., Verwaltungsakt nur, falls ein gesonderter Eingruppierungsbescheid an den Leistungsberechtigten ergeht "Bescheid sei ein rechtswidriger Formverwaltungsakt" (Rz. 79); differenzierte Sicht: Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 20...

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