Rz. 29

In Abs. 6 wird erstmals ein unmittelbarer öffentlich-rechtlicher Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Träger der Eingliederungshilfe normiert. Die ablehnende Haltung seitens des Bundesrates gegen diese Regelung unter Berufung auf die BSG-Rechtsprechung zum zivilrechtlichen Schuldbeitritt setzte sich nicht durch (vgl. BR-Stellungnahme zum Entwurf eines BTHG der Bundesregierung BR-Drs. 18/9954 S. 43 f.; kritisch aus kommunaler Sicht: Vorholz, RP Reha 4/2016 S. 9, 12 f.).

Er richtet sich auf die Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe. Gegenstand müssen also tatsächlich erbrachte Leistungen durch den Leistungserbringer sein. Eine bloße Festsetzung durch Verwaltungsakt reicht für das Eingreifen eines Zahlungsanspruchs nach Abs. 6 nicht aus.

Aufgrund des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses mit den dabei bestehenden Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsberechtigten, Leistungserbringern und Leistungsträgern hat der Leistungserbringer nach bisher geltender Rechtslage keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Leistungsträger. Den Anspruch der Leistungsberechtigten gegen die Träger der Eingliederungshilfe auf Übernahme der Kosten konnten Leistungserbringer daher nicht einklagen. Vielmehr haben die Leistungserbringer aufgrund der privatrechtlichen Verträge mit den Leistungsberechtigten einen Anspruch auf eine Vergütung der erbrachten Leistung. Auch die Rechtsprechung hat bisher einen unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Leistungsträger verneint. Im Unterschied zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. sozialen Pflegeversicherung bestehe weder ein gesetzlicher noch ein aus den Normverträgen resultierender Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Träger der Sozialhilfe. Im Vertragsrecht beschränke sich die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe auf die Schaffung und Gestaltung des im Gesetz umschriebenen vertraglichen Rahmens (Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 75 Rz. 3, 33).

Das BSG hat allerdings mit seinem Rechtsinstitut des Schuldbeitritts einen abgeleiteten unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Träger der Sozialhilfe entgegen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (zuständig bis 31.12.2004) konstruiert. Danach erkläre der Träger der Sozialhilfe mit der Leistungsbewilligung im Einzelfall einen Schuldbeitritt zur zivilrechtlichen Verpflichtung des Leistungsberechtigten gegenüber dem Leistungserbringer. Dieser Schuldbeitritt führe zu einem unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Träger der Sozialhilfe (Regelungskonzept eines Sachleistungsverschaffungsanspruchs, BSG, Urteil v. 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rz. 15 ff., BSGE 102 S. 1, und Urteil v. 25.9.2014, B 8 SO 8/13 R, Rz. 15, SozR 4-3500 § 53 Nr. 4; Siefert, jurisPR-SozR 8/2017 Anm. 1, D.; Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 75 Rz. 33b). Die Anerkennung des Rechtsinstituts des Schuldanerkenntnisses lehnt BSG hingegen ab (Beschluss v. 30.9.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5). Nach BGH (Urteil v. 31.3.2016, III ZR 267/15, BGHZ 209 S. 316) erfolge der Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers zur Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers aus dessen zivilrechtlichem Vertrag mit dem Leistungserbringer i. d. R. durch einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt mit Drittwirkung, d. h. zugunsten des Leistungserbringers (Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 77 Rz. 42). Dadurch wird streng akzessorisch zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer eine zivilrechtliche Rechtsbeziehung begründet. Der Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers bewirkt keine Änderung der Rechtsnatur der zugrundeliegenden Schuld, der zivilrechtliche Charakter der Vergütungsforderung, die dem Leistungserbringer aufgrund des im Erfüllungsverhältnis geschlossenen Vertrages gegen den Hilfeempfänger zusteht, bleibt daher erhalten (vgl. auch Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 77 Rz. 46; weitergehend: Ladage, SGb 2013 S. 553).

 

Rz. 30

In der Praxis leistete auch schon vor der Entscheidung des BSG der Träger der Sozialhilfe regelmäßig aus Praktikabilitätsgründen unmittelbar an den Leistungserbringer (Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 299; vgl. auch Wenzel/Kulenkampff, NDV 2006 S. 455, 456). Es ist daher sachgerecht, dass sich künftig im Leistungserbringungsrecht der Eingliederungshilfe die bestehende Praxis ohne das Hilfskonstrukt eines Sachleistungsverschaffungsanspruchs widerspiegelt und dem Leistungserbringer ein öffentlich-rechtlicher unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den Träger der Eingliederungshilfe eingeräumt wird (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 299 f.).

Der Zahlungsanspruch umfasst nur die vom Träger der Eingliederungshilfe zu erbringenden Leistungen (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 300). Solange der Leistungsberechtigte sich durch Beiträge an den Fach...

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