Rz. 3

Die Vorschrift ist bemerkenswert, weil der Gesetzgeber sich veranlasst gesehen hat, in 2 Gesetzbüchern Regelungen in Bezug auf eine bestimmte Personengruppe zu verankern, die eine gegenseitige Informationspflicht für leistungserbringende Stellen an dieselben Berechtigten und im Grunde auch in gleicher Sache enthalten. Eine solche gegenseitige Unterrichtung der jeweils anderen betroffenen Stelle sollte selbstverständlich sein; die eingefügten Regelungen müssten vor dem Hintergrund eines gesunden Selbstverständnisses der jeweiligen Leistungserbringer, ihrer Gesamtverantwortung im Sozialleistungssystem der Bundesrepublik Deutschland und den bestehenden allgemeinen Regelungen im SGB I und im SGB X über die Verwirklichung sozialer Rechte und die Zusammenarbeit von Leistungsträgern nach dem Sozialgesetzbuch entbehrlich sein. Anfang 2019 wird in der Praxis der Grundsicherung für Arbeitsuchende über Zusammenarbeitsprobleme vor Ort nur noch in Einzelfällen berichtet. Die Regelung ist nicht relevant für sog. Aufstocker, die keine Versicherungsleistungen der Arbeitsförderung erhalten, sondern lediglich Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, weil sie mit dem aus ihrer Erwerbstätigkeit erzielten Erwerbseinkommen ihren Lebensunterhalt und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht decken können. Diese Personen unterfallen allein den Jobcentern nach dem SGB II.

 

Rz. 4

Die gesetzlichen Maßnahmen offenbaren , dass dem Gesetzgeber Unzulänglichkeiten bei der Zusammenarbeit ausgerechnet bei der Betreuung von Aufstockern zum Alg nicht entgangen sind. Hinweise aus der Praxis, die zum Teil dem politisch motivierten Gerangel über Zuständigkeiten und Kompetenzen nach dem SGB II entstammen, sich aber auch aus konkreten Eingaben, Beschwerden und Petitionen ergeben haben, haben den Gesetzgeber von der Notwendigkeit der gesetzlichen Regelungen überzeugt. Rd. 10 Jahre nach der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat sich die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterrichtung gefestigt. Es ist anzunehmen, dass es einer Einfügung der Vorschrift in das SGB III nicht mehr bedürfte. Gleichwohl wird der Gesetzgeber die Regelung nicht aufheben, weil das auch als falsches Signal verstanden werden könnte. Auch deshalb ist die eingefügte Rechtsänderung zum 1.1.2019 vor diesem Hintergrund zu verstehen.

 

Rz. 5

Die Notwendigkeit der Regelungen zeigt aber auch, dass es trotz § 9 Abs. 3 und § 86 SGB X nach wie vor die Zuständigkeit, Verantwortlichkeit und Kompetenzen klärender Vorschriften bedarf, um dem Gerangel zwischen Politkern, Verbänden und Leistungsträgern vorzubeugen. Gerade zur Beendigung des Nebeneinander der Träger hatte das SGB II-Fortentwicklungsgesetz 2006 jedoch nicht beigetragen, sondern durch Uneinigkeiten zwischen den gesetzgebenden Körperschaften die differenzierten Auslegungen eher noch verschärft (vgl. die beabsichtigte, aber schließlich wieder gestrichene Klarstellung zur Auftragnehmereigenschaft der Arbeitsgemeinschaft nach § 44b durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales bei der Beratung des SGB II-Fortentwicklungsgesetzes, BT-Drs. 16/1696). Zwischenzeitlich hat sich die Aufgabenwahrnehmung normalisiert. Dazu hat auch die Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende beigetragen. Ob sich neue Komplikationen ergeben, z. B. daraus, dass die zugelassene kommunale Trägerschaft auch zukünftig nur begrenzt möglich ist, bleibt bis zu einer Entscheidung des BVerfG über die Klagen nicht zugelassener optionswilliger Kommunen abzuwarten.

 

Rz. 6

Die Vorschrift fokussiert auf sog. Aufstocker. Als Aufstocker werden Personen bezeichnet, die Anspruch auf Alg nach dem SGB III haben, deren Lebensunterhalt bzw. der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft i. S. d. SGB II lebenden Personen durch diese Leistung aber nicht sichergestellt ist und die deshalb auch einen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II unter Anrechnung der Versicherungsleistung haben. Aufstocker ist aber auch derjenige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, der nicht selbst Anspruch auf Alg hat, sofern ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger der Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Alg hat, weil die Leistungen nach dem SGB II an die Bedarfsgemeinschaft insgesamt ausgezahlt werden. Durch die Bedarfsanteilmethode nach § 9 SGB II wird Hilfebedürftigkeit dadurch festgestellt, dass dem Bedarf der Bedarfsgemeinschaft insgesamt das nach den §§ 11, 12 SGB II und der aufgrund der Ermächtigung des § 13 Abs. 1 SGB II erlassenen Alg II-V zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gegenübergestellt wird. Reichen zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen einschließlich des Alg nach dem SGB III (und ggf. weiteren zu berücksichtigenden Einnahmen) nicht aus, um den Lebensunterhalt nach Maßgabe des SGB II sicherzustellen, werden insoweit das Alg aufstockende Leistungen nach dem SGB II erbracht. Im Ergebnis spielt es also keine Rolle, ob es sich bei den aufstockenden Leistungen um Alg II oder Sozialgeld handelt. Danach ließe sich nur bei einer kas...

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