Rz. 18

Kurzarbeit kann im Rahmen einer zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber abgeschlossenen Betriebsvereinbarung eingeführt werden (BAG, Urteil v. 18.11.2015, 5 AZR 491/14; Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 95 Rz. 5; Kühl, in: Brand, SGB III, § 95 Rz. 11). Grundsätzlich hat der Betriebsrat über die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen. Betriebsübliche Arbeitszeiten sind alle Arbeitszeiten, die die Arbeitnehmer, ein Teil von ihnen oder auch ein einzelner Arbeitnehmer jeweils individualrechtlich dem Arbeitgeber schulden (BAG, Beschluss v. 16.7.1991, 1 ABR 69/90). Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich also über die Einführung der Kurzarbeit und deren Umfang einigen. Für die wirksame Vereinbarung von Kurzarbeit ist es erforderlich, dass in einer Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die normative Wirkung für die betroffenen Arbeitnehmer entfalten soll, Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder die Abteilung sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt werden, um dem für Rechtsnormen geltenden Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen (LAG Hamm, Urteil v. 1.8.2012, 5 Sa 27/12). Der Betriebsrat verstößt gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, wenn er beschließt, der Einführung von Kurzarbeit nur unter der Bedingung zuzustimmen, dass sich der Arbeitgeber zur vollen Lohnzahlung über das Kug hinaus verpflichtet, falls die Agentur für Arbeit kein Kug leistet (LAG Köln, Beschluss v. 14.6.1989, 2 TaBV 17/89). Dem Betriebsrat steht ein Initiativrecht zur Einführung von Kurzarbeit zu (BAG, Beschluss v. 4.3.1986, 1 ABR 15/84; Welbokorsky/Klein, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, SGB III, § 95 Rz. 15).

 

Rz. 19

Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt in diesem Fall die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Insofern kann der Betriebsrat über den Spruch der Einigungsstelle die Einführung der Kurzarbeit auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen (BAG, Beschluss v. 4.3.1986, 1 ABR 15/84). Wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung von Kurzarbeit vom Arbeitgeber missachtet, sind individuelle arbeitgeberseitige Änderungskündigungen oder Aufhebungsverträge unwirksam. Der Arbeitgeber wird von seiner Vergütungspflicht nicht frei und muss das volle Arbeitsentgelt wegen Annahmeverzugs an den Arbeitnehmer zahlen.

 

Rz. 20

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung von Kurzarbeit gilt uneingeschränkt in den Betrieben, in denen kein Tarifvertrag besteht. Besteht allerdings im Betrieb ein Tarifvertrag, sind dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch den in § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG niedergelegt Tarifvorbehalt Grenzen gesetzt.

 

Rz. 21

Die Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt über eine Betriebsvereinbarung. Die Betriebsvereinbarung ist schriftlich abzufassen. Eine derartig förmliche Betriebsvereinbarung i. S. v. § 77 Abs. 2 BetrVG liegt nicht vor, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat lediglich die Anzeige über den Arbeitsausfall an die Agentur für Arbeit unterzeichnen (Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 95 Rz. 34). Die Unterschrift des Betriebsrats auf der Anzeige über den Arbeitsausfall bedeutet lediglich, dass den Angaben des Arbeitgebers in der Anzeige zugestimmt und damit eine Tatsachenerklärung abgegeben wird. Die Betriebsvereinbarung wirkt nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer ein.

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