Rz. 24a

Zu Fällen der Ermessensreduzierung auf Null vgl. Rz. 6 ff. Nach der Reform des Gründungszuschusses mit der Umwandlung des früheren Rechtsanspruches auf den Gründungszuschuss in eine Ermessensleistung ist die befürchtete Welle an Widersprüchen und Klagen ausgeblieben. Auswirkungen auf die Mitnahme von Gründungszuschüssen konnten nicht eindeutig festgestellt werden.

 

Rz. 24b

Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung darf die Agentur für Arbeit nach Auffassung des SG Trier der Vermittlung in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis Vorrang vor der Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einräumen (SG Trier, Urteil v. 1.2.2013, S 1 AL 80/12, info also 2013 S. 269). Das Ermessen werde aber dann fehlerhaft ausgeübt, wenn die Anzahl der aktuell freien Stellen im bisherigen Beruf des Arbeitslosen im Tagespendelbereich gering sei. Stellenangebote als Filialleiter in anderen als den bisherigen Branchen sollen danach nicht die Ablehnung eines Gründungszuschusses rechtfertigen. Nach Auffassung des SG München ist die Ausübung des Ermessens in solchen Fällen fehlerhaft, wenn dem Arbeitslosen trotz tragfähigem Geschäftsmodell einer Selbständigkeit im Weinhandel nach kurzer Zeit der Arbeitslosigkeit zumuten will, ohne Ausschöpfung seiner Möglichkeiten als Weinakademiker und seiner Erfahrung im Vertrieb und Verkauf von Weinen und ohne Ausschöpfung seiner Verdienstmöglichkeiten zurück in die vor 10 Jahren ausgeübte Beschäftigung in der Tourismusbranche zu wechseln (SG München, Urteil v. 11.6.2013, S 35 AL 883/12). Es ist jedenfalls unzulässig, bestimmte Branchen oder Fachkräfte grundsätzlich vom Gründungszuschuss auszuschließen.

 

Rz. 24c

Die Agentur für Arbeit muss den Vermittlungsvorrang im Beratungsvermerk dadurch hinreichend dokumentieren, dass tatsächlich eine positive und gute Arbeitsmarktlage auf dem für den Antragsteller in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestand und von welchen Zeiträumen sie bei ihrer Prognose hinsichtlich der Integration ausgegangen ist. Der Nachweis von nur 9 unbefristeten Stellen sei nicht geeignet, eine positive Arbeitsmarktlage zu dokumentieren (SG Duisburg, Urteil v. 22.1.2014, S 33 AL 239/13, info also 2014 S. 114). Die Agentur für Arbeit darf nicht davon ausgehen, dass die Gewährung eines Gründungszuschusses die letzte Möglichkeit darstelle, den jeweiligen Antragsteller in den Arbeitsmarkt einzugliedern, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht erfolgreich waren (ultima ratio). Andererseits kann der Antrag auf den Gründungszuschuss ermessensfehlerfrei abgelehnt und dabei auf eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt auch ohne Förderung in absehbarer Zeit abgestellt werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 28.5.2014, L 18 AL 236/13, info also 2014 S. 205).

 

Rz. 24d

Nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg kann in besonders gelagerten Fällen, etwa einer bereits vorangegangenen mehrjährigen Tätigkeit als Student und Rechtsreferendar in derselben Kanzlei und Übernahme des Kundenstamms, für die ablehnende Entscheidung die als belegt angesehene ausreichende soziale Sicherung und die des Lebensunterhalts in der Zeit nach der Existenzgründung herangezogen werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.2.2014, L 8 AL 1515/13, info also 2014 S. 108). Auch das LSG Sachsen erkennt die eigene Leistungsfähigkeit als Rechtfertigungsgrund für eine den Gründungszuschuss ablehnende Entscheidung an (LSG Sachsen, Urteil v. 10.4.2014, L 3 AL 141/12).

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