Rz. 17

Abs. 3 begründet eine vorrangige Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit bei Gefangenen, die keinen Status als Arbeitnehmer in einem freien Beschäftigungsverhältnis (etwa durch Freigang) innehaben. Es ist eine gegenüber Abs. 1 Satz 1 speziellere Regelung (vgl. BSG, Urteil v. 21.7.2009, B 7 AL 49/07 R). Im Außenverhältnis zum Strafgefangenen wird die Ausbildungsbeihilfe vom zuständigen Bundesland bewilligt und gezahlt.

 

Rz. 18

Die Regelung beruht auf § 37 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz (StrVollzG). Danach soll geeigneten Gefangenen Gelegenheit zur Berufsausbildung und zur beruflichen Weiterbildung gegeben werden. § 44 StrVollzG gesteht den Gefangenen für diesen Fall eine Ausbildungsbeihilfe zu, wenn sie für Zwecke der beruflichen Aus- oder Weiterbildung von der Arbeitspflicht freigestellt sind und soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden (bei 100 % der Eckvergütung z. B. in Berlin 2019 täglich 13,46 EUR). Außerdem wird eine Ausbildungsbeihilfe zum Ausgleich entgangenen Entgelts gewährt, wenn der Gefangene während der Arbeitsstunden oder tageweise an einem Unterricht oder einer Maßnahme zur beruflichen Aus- und Weiterbildung teilnimmt. Bei diesen Regelungen nach dem StrVollzG handelt es sich um einen Arbeitsentgeltersatz. Dem liegt die Lohnstufe III als "Eckvergütung" zugrunde. Dahinter steht eine erhöhte Resozialisierungschance durch berufliche Qualifizierung. Der Vorrang betrifft nur Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, bei Berufsausbildung insbesondere die Berufsausbildungsbeihilfe; andere Leistungen, z. B. Sachleistungen, werden von dem Vorrang nicht erfasst und dürfen nur nach Maßgabe des Abs. 1 nachrangig erbracht werden.

 

Rz. 19

Für die Zeit der Aus- oder Weiterbildung fingiert der Gesetzgeber einen Status des Gefangenen als freie Person, dem an sich Förderleistungen nach dem SGB III zustehen. Eine Förderung ist aber nur zur Sicherung des Lebensunterhaltes notwendig, weil die übrigen üblichen Kosten von den Strafvollzugsanstalten getragen werden oder nicht anfallen. Zur Vermeidung einer nicht als gerechtfertigt angesehenen Begünstigung von Gefangenen gegenüber freien Personen, denen jedenfalls bei beruflicher Weiterbildung nur eine Entgeltersatzleistung in prozentualer Höhe des entgangenen Arbeitsentgelts gezahlt wird, wird die Leistung nach dem SGB III auf die Höhe der Ausbildungsbeihilfe begrenzt (Abs. 3 Satz 2). Dabei handelt es sich um einen vollständigen Verdienstausgleich, der allerdings in tatsächlichen Geldbeträgen gering ausfällt. Er wird für den Tag berechnet, indem 1/250 von 9 % der jährlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) ermittelt werden. In Berlin wird der Tagessatz in 5 Stufen gewährt, bei 100 % der Eckvergütung 2019 13,46 EUR.

 

Rz. 20

Abs. 3 Satz 3 bestimmt eine Vorleistungspflicht der Länder. Die Leistungspflicht des Landes setzt einen Erstattungsanspruch voraus. Vorleistung bedeutet nicht, dass das Land nur im Vorgriff auf eine Bewilligung der Leistung durch die Agentur für Arbeit zahlt. Dem BSG zufolge (Urteil v. 21.7.2009, B 7 AL 49/07 R) liegt ein gesetzliches Auftragsverhältnis vor. Zugleich wird eine Erstattungspflicht der Bundesagentur für Arbeit normiert. Voraussetzung für eine Vorleistung ist allerdings eine Förderzusage durch die (zuständige) Agentur für Arbeit. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße Zusicherung, sondern um eine unmittelbare Entscheidung gegenüber dem Betroffenen durch Verwaltungsakt, von dem Tatbestandswirkung ausgeht. Die Entscheidung hat die Agentur für Arbeit dem Gefangenen auch mitzuteilen. Die Agenturen für Arbeit entscheiden also über die Leistung dem Grunde, der Dauer und der Höhe nach. Dabei sind sie allerdings an die Festlegungen der Bundesländer gebunden, soweit diese Einfluss auf die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe nehmen. Die Entscheidung der Agentur für Arbeit begünstigt den Gefangenen und bindet das Bundesland.

 

Rz. 21

Das komplizierte Vorleistungs- und Erstattungsverfahren lässt sich nur mit einem noch größeren Aufwand rechtfertigen, der ansonsten bei den Agenturen für Arbeit zur Ermittlung und Berechnung der Höhe der Ausbildungsbeihilfe entstehen würde. Dies kann durch die Länder ökonomischer vollzogen werden. Für das Erstattungsverfahren dürften die Regelungen der §§ 102 ff. SGB X herangezogen werden können.

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