Rz. 2

Die Agentur für Arbeit kann einen Vorschuss auf das Insolvenzgeld erbringen, wenn

  1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers beantragt ist,
  2. das Arbeitsverhältnis beendet ist, also auch der 3-Monats-Zeitraum i. S. d. 165 Abs. 1 feststeht, und
  3. die Voraussetzungen für den Anspruch auf Insolvenzgeld mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt werden.

Daneben ist – obwohl nicht ausdrücklich erwähnt – ein Antrag auf Insolvenzgeld Voraussetzung für die Vorschussgewährung.

 

Rz. 3

Der Vorschuss kann gewährt werden, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers beantragt ist, Satz 1 Nr. 1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss bereits beantragt sein (Kühl, in: Brandt, SGB III, § 168 Rz. 4). Im Falle der vollständigen Einstellung des Betriebes ohne Eröffnungsantrag (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) kommt eine Vorschussgewährung nicht in Betracht. Ob die Voraussetzungen nach § 168 Satz 1 Nr. 1 vorliegen, ist durch eine entsprechende Anfrage beim zuständigen Insolvenzgericht festzustellen. Einer zusätzlichen Glaubhaftmachung des Insolvenzereignisses bedarf es nicht.

 

Rz. 4

Weitere Voraussetzung für die Vorschussgewährung ist nach Satz 1 Nr. 2, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist. Mit dieser Regelung soll eine Vorfinanzierung über einen längeren Zeitraum vermieden werden. Entscheidend ist die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Insofern kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, sondern auf das Ende der Kündigungsfrist an. Es genügt daher nicht, wenn zwar ein Beendigungssachverhalt (z. B. Kündigungsschreiben) vorliegt, das Arbeitsverhältnis selbst aber zum Zeitpunkt der Beantragung des Vorschusses noch besteht.

 

Rz. 5

Schließlich kann der Vorschuss nur dann gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Insolvenzgeld mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt sind. Nicht erforderlich ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Die bloße Möglichkeit, dass der Anspruch besteht, ist nicht ausreichend. Hinreichend ist die Wahrscheinlichkeit, wenn bei Berücksichtigung aller Umstände die für den Anspruch auf Insolvenzgeld sprechenden Umstände so stark überwiegen, dass die Entscheidung darauf begründet werden kann.

 

Rz. 6

Der Vorschuss wird auf Antrag gewährt (Kühl, in: Brand, SGB III, § 168 Rz. 7; a. A. Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 168 Rz. 30, Entscheidung von Amts wegen möglich). Der Antrag kann formlos gestellt werden. Die Entscheidung über die Vorschussgewährung ist ein Verwaltungsakt. Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt und ist das Arbeitsverhältnis beendet, hat die Agentur für Arbeit eine Prognose über das Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen für das Insolvenzgeld zu stellen. Sie wird i. d. R. die arbeitgeberbezogenen Anspruchsvoraussetzungen (Überschuldung) als erfüllt ansehen. Ausschlaggebend ist daher die nach den Gesamtumständen glaubhafte Erklärung des Arbeitnehmers, dass und in welchem Umfang für den 3-Monats-Zeitraum zustehendes Arbeitsentgelt nicht gezahlt worden ist. Die Agentur für Arbeit wird regelmäßig gemäß § 60 SGB I vom Arbeitnehmer die letzte Entgeltabrechnung verlangen. Sie wird sich ggf. auch vom Arbeitgeber bestätigen lassen, in welchem Umfang noch Arbeitsentgelt aussteht. Die Vorschussgewährung ist grundsätzlich in das Ermessen der Agentur für Arbeit gestellt ("kann"). Die Ermessensentscheidung betrifft sowohl das "Ob" als auch die Höhe der Vorschussgewährung. Legt der Arbeitnehmer die Notwendigkeit eines Vorschusses schlüssig dar, wird die Agentur für Arbeit in aller Regel den Vorschuss gewähren müssen (gebundene Entscheidung). Der Zeitraum, auf den sich die Vorschussleistungen beziehen, entspricht längsten dem Insolvenzgeldzeitraum. Ein Vorschuss ist jedoch innerhalb des Insolvenzgeldzeitraums für folgende Zeiten nicht zu zahlen:

  • Zeiten, für die der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt noch voll erhalten hat,
  • Zeiten, für die Entgeltersatzleistungen beantragt wurden,
  • Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer neuen, mehr als geringfügigen Beschäftigung
  • soweit der Arbeitsentgeltsanspruch einem Dritten zusteht (Abtretung).

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