Rz. 10

Die Feststellung des Bemessungsentgelts erfolgt danach pauschal anhand der Bezugsgröße, die jährlich bestimmt wird (Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz, vgl. § 18 Abs. 2 SGB IV i. V. m. § 17 Abs. 2 SGB IV). Für das Bundesgebiet West und das sog. Beitrittsgebiet werden unterschiedliche Bezugsgrößen festgelegt, sodass im Einzelfall grundsätzlich darüber zu entscheiden ist, welche Bezugsgröße maßgebend ist. In Qualifikationsgruppe 4 ist für Neuansprüche, die ab dem 1.10.2022 entstehen, ein Mindestentgelt zu berücksichtigen. In den übrigen Fällen verbleibt es nach dem Grundsatz, dass eine Leistungsbemessung bei Entstehung des Anspruchs erfolgt, bei dem bisherigen, schon bis zum 30.9.2022 maßgebenden Bemessungsentgelt.

Nach der Rechtsprechung des BSG verbietet sich die Anwendung unterschiedlicher Bezugsgrößen, sodass stets von der Bezugsgröße für das Bundesgebiet auszugehen ist. In der Praxis der Arbeitsverwaltung ergibt sich eine Verwaltungsvereinfachung nur, wenn es für die Feststellung der relevanten Bezugsgröße nicht darauf ankommt, ob relevante Gesichtspunkte für die Bezugsgröße Ost sprechen könnten, weil einheitlich nach der Bezugsgröße West vorgegangen wird.

 

Rz. 10a

Maßgebend ist die Bezugsgröße, die an dem Tag gilt, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld erstmals oder erneut entstanden ist. Ein etwaiges Ruhen des Anspruchs ändert daran nichts. Am Ende eines Kalenderjahres kann es aufgrund der jährlichen Änderung der Bezugsgröße günstig für den Arbeitslosen sein, das Entstehen des Stammrechts nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 im alten Kalenderjahr zu verhindern. Hierüber hat die Agentur für Arbeit den Arbeitslosen ggf. zu beraten. Laufende Fälle werden nicht wegen einer Veränderung der Bezugsgröße umgestellt.

 

Rz. 10b

Das fiktive Bemessungsentgelt ist auch dann nach Abs. 2 zu bestimmen, wenn der Agentur für Arbeit konkrete Stellenangebote vorliegen, die zu den Beschäftigungen gehören, auf die die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit in erster Linie zu richten sind, und diese Stellenangebote höhere oder niedrigere Löhne ausweisen. Bei der Bemessung ist grundsätzlich auch § 151 Abs. 4 zu berücksichtigen (Bestandsschutz-Bemessungsentgelt bei Alg-Bezug innerhalb der letzten 2 Jahre vor der Entstehung des Alg-Anspruchs). Zu beachten ist aber auch § 151 Abs. 5. Die Bemessung nach der Bestandsschutzregelung muss daher auf der gleichen Grundlage erfolgt sein, wie sie aktuell nach § 152 vorzunehmen ist (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.8.2012, L 1 AL 98/11). Die jeweils zugrunde zu legenden Arbeitsstunden müssten identisch sein.

 

Rz. 10c

Die Einordnung in Qualifikationsgruppe 3 (abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf) wäre zutreffend, wenn eine Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung einer betrieblichen Ausbildung gleichgestellt wird. Nach beiden Ausbildungen wird eine Bemessung nach § 151 vorgenommen, vgl. insbesondere § 151 Abs. 3 Nr. 3, die reguläre Ausbildungsvergütung ist ohnehin bemessungsrelevantes Arbeitsentgelt i. S. der Bemessungsvorschriften für das Alg. Nach Maßgabe des § 152 (keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen) ist aber auch nach der Ausbildung eine fiktive Bemessung vorzunehmen. Es ist stets die Bezugsgröße West den Berechnungen zugrunde zu legen (BSG, Urteil v. 26.11.2015, B 11 AL 2/15 R, überholt insoweit BSG, Urteil v. 18.5.2010, B 7 AL 49/08 R).

 

Rz. 11

Das fiktive Arbeitsentgelt wird ausgehend von den Verhältnissen bestimmt, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Alg vorlagen (BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 11 AL 13/10 R). Eine Änderung der fiktiven Bemessung nach Entstehung des Anspruchs ist unzulässig. Unerheblich ist auch, ob und inwieweit sich die Zumutbarkeit von Beschäftigungen für den Arbeitslosen verändert.

 

Rz. 12

Für 2022 ergeben sich folgende mögliche fiktive Bemessungsentgelte gemäß § 152:

 
Qualifikationsgruppe Faktor Bemessungsentgelt West (BZG 39.480,00 EUR)
I 1/300 131,60 EUR
II 1/360 109,67 EUR
III 1/450 87,73 EUR
IV 1/600 65,80 EUR

Die Höhe der den einzelnen Qualifikationsgruppen zugeordneten Arbeitsentgelte kann nicht als unangemessen beanstandet werden (BSG, Urteil v. 21.7.2009, B 7 AL 23/08 R).

In der Qualifikationsgruppe 3 als Leitgruppe werden 80 % der Bezugsgröße angesetzt, die anderen Gruppen jeweils gestaffelt mit 20 Prozentpunkten Differenz. Aufgrund fehlender Zeiten mit Arbeitsentgelt ist der Gesetzgeber für die Leitgruppe richtigerweise von einem typisierenden Abschlag in Höhe von 20 % vom durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Arbeitnehmer ausgegangen.

In Qualifikationsgruppe 4 ist ab 1.10.2022 (bis voraussichtlich 31.12.2023, weil die folgende Mindestlohnerhöhung ab 1.1.2024 greifen wird), ein Mindestlohn von 12,00 EUR je Zeitstunde und eine Arbeitszeit von 1/7 von 39 Stunden zugrunde zu legen. Dies gilt nur für ab 1.10.2022 neu entstehende Ansprüche auf Alg. Es ergeben sich 66,84 EUR.

 

Rz. 13

Ist eine fiktive Bemessung in Fällen des § 142 Abs. 2 vorzunehmen, ist die nach § 142 Abs. 2 Sa...

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