Rz. 7

Bei Schülern oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet der Gesetzgeber fehlende Verfügbarkeit. Die Vermutung stützt sich darauf, dass Schüler und Studenten schon allein dem Umfang nach nur noch Beschäftigungen neben dem ordnungsgemäßen Besuch von Schule, Hochschule und sonstiger Ausbildungsstätte ausüben können, mit denen Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung nicht begründet wird (unter 15 Stunden wöchentlich). Sie betrifft Schüler allgemein bildender Schulen und Studenten an Universitäten und Fachhochschulen, weil die Ausbildung während der üblichen Arbeitszeit stattfindet. Auch Privatschulen werden erfasst. Finden die Unterrichtsveranstaltungen dagegen außerhalb üblicher Arbeitszeiten statt (z. B. an Abendschulen), greift die Vorschrift nicht. Dasselbe gilt für Gasthörer, Promotionsstudenten und Teilnehmer an Kursen der Volkshochschule. Hintergrund der Regelung ist, den Status des Schülers für den Regelfall von dem des Arbeitnehmers zu unterscheiden und Mischverhältnisse zu unterdrücken. Dahinter steht aber für den Kreis der Studenten auch, dass letztlich nicht mit der Versicherungsleistung Alg, sondern mit den für Studierende vorgesehenen Leistungen (BAföG) der Lebensunterhalt während des Studiums bestritten werden soll. Deshalb wird auch aktuelle Verfügbarkeit i. S. v. § 138 verneint. Die gesetzliche Vermutung greift ab dem Zeitpunkt der Immatrikulation (LSG Hessen, Urteil v. 26.6.2013, L 6 AL 186/10). Das deckt sich mit der bei Massenverwaltungen zulässigen Typisierung und Pauschalierung durch den Gesetzgeber. Durch die Immatrikulation entsteht zwischen dem Studenten und der Hochschule dem LSG zufolge ein Rechtsverhältnis, das die gesetzliche Vermutung begründet. Die Einschreibung an der Hochschule sei ein Verwaltungsvorgang, durch den die betroffene Person als Student an der Hochschule aufgenommen und damit Mitglied dieser Hochschule werde. Dadurch allein wird die Vermutung noch nicht i. S. von "während des Studiums" begründet, das sich allerdings auf den Semesterbeginn bezieht.

 

Rz. 8

Schüler und Studenten können die gesetzliche Vermutung anhand der Kriterien des Abs. 2 widerlegen. Ziel ist der Nachweis, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung neben dem Schulbesuch bzw. dem Studium ohne dessen Vernachlässigung möglich ist. Dafür kommt es auf die ordnungsgemäße Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen gestellten Anforderungen an. Vor- und Nacharbeiten sind mit Schul- bzw. Vorlesungszeiten zu addieren. Dann liegt es bei dem Schüler bzw. Studenten, darzulegen und nachzuweisen, dass ihm neben seinen Pflichten eine marktübliche versicherungspflichtige Beschäftigung möglich ist. Beweisdefizite gehen zu seinen Lasten, die Agenturen für Arbeit trifft keine Amtsermittlungspflicht. Für die Zeit zwischen der Immatrikulation und dem Veranstaltungsbeginn an der Hochschule ist die gesetzliche Vermutung bereits widerlegt, wenn in dieser Zeit (noch) keine Verpflichtungen für den Studenten bestehen (so im Ergebnis auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.11.2011, L 12 AL 5291/09, ebenso bestätigt durch LSG Hessen, Urteil v. 26.6.2013, L 6 AL 186/10). Der Schüler bzw. Student kann alle ihm genehmen Umstände des Einzelfalles in das Verwaltungsverfahren einbringen. Seine Verfügbarkeit wird in einer Gesamtschau zu verneinen sein, wenn er nach seinem gesamten Erscheinungsbild in der Hauptsache Schüler oder Student bleibt. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die mögliche Beschäftigung den Bedingungen der Schule bzw. Hochschule unterordnen muss. Kriterien dafür können z. B. die Dauer der möglichen Arbeitszeit, die Üblichkeit der Arbeitszeit, die Dauer des Zu- und Abganges sein.

 

Rz. 9

Günstiger Ansatzpunkt für die Antragsteller wird stets der Sachverhalt sein, bei dem die Anwartschaftszeit während des Besuchs der Schule/Hochschule erfüllt worden ist. Kann der Schüler oder Student daneben belegen, dass er seinen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist, insbesondere regelmäßig an den Unterrichtsveranstaltungen teilgenommen hat, und die Pflichten aufgrund ihrer Lage und Verteilung eine marktübliche Beschäftigung zulassen, wird die Arbeitsverwaltung Verfügbarkeit anerkennen müssen. Maßgebend sind die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Schul- oder Studienerfolg treten dagegen in den Hintergrund. Dieser wird erst bedeutsam, wenn sich Teilnahmelücken beim Schulbesuch zeigen. Dann kann der Schulerfolg u. U. Fehlzeiten ersetzen. Das gilt lediglich dann nicht, wenn die Beschäftigung gerade während der Fehlzeiten ausgeübt wurde. Dann müsste es bei der Prognose bleiben, dass zukünftig eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht neben dem Besuch der Schule bzw. Hochschule möglich ist.

 

Rz. 9a

Im gerichtlichen Verfahren überprüft das Gericht die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg nur für den begehrten Zeitraum. Daraus folgt, dass in einem solchen Verfahren nicht schon für die gesamte Ausbildung bzw. das gesamte Studium darzulegen und ...

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