Rz. 13

Beschäftigungslos ist auch, wer eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden wöchentlich ausübt (Abs. 3). Bis zum 31.12.2004 galt für Selbstständige ein besonderes Privileg, das zum 1.1.2005 ohne Übergangsregelung abgeschafft wurde. Nach § 118 Abs. 3 Satz 2 in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung durften Selbstständige ohne Verlust der Beschäftigungslosigkeit ihre mindestens 15, aber weniger als 18 Stunden umfassende Tätigkeit fortführen. Die Streichung der Regelung hat das BSG auch unter den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes gebilligt (BSG, Urteil v. 3.12.2009, B 11 AL 28/08 R). Eine Übergangsregelung hatte der Gesetzgeber nicht geschaffen. Das BSG hat eine Fortgeltung der früheren Regelung auch nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts nicht als geboten angesehen. Dies gelte sowohl nach dem Leistungsfall- bzw. Versicherungsprinzip (ein Rechtssatz ist grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden) wie auch nach dem Geltungszeitraumprinzip (neues Recht erfasst immer schon, aber auch noch Sachverhalte, deren maßgebliche Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen). Im entschiedenen Fall fielen die anspruchsbegründenden Ereignisse wie auch der Eintritt der Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts. Verfassungsrechtliche Grenzen hat das BSG nicht gesehen. Gemessen am Ziel der Gleichbehandlung aller Versicherten und der Entlastung der Arbeitsverwaltung (so die Begründung für die Streichung der Regelung in den Gesetzesmaterialien) könne dem Bedürfnis einzelner Versicherter nach Privilegierung keinesfalls höheres Gewicht zukommen. Zudem hat das BSG auf den zeitlichen Abstand von mehr als einem Jahr von Verkündung bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts für das individuelle Einstellen betroffener Menschen auf die neue Rechtslage hingewiesen. Daher gilt auch für selbstständige Tätigkeiten, dass sie Beschäftigungslosigkeit nicht ausschließen, solange sie nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt werden. Unter die selbstständigen Tätigkeiten fallen alle Arbeiten mit der Absicht, Gewinn daraus zu erzielen. Die Tätigkeit wird in persönlicher Unabhängigkeit verrichtet und eigenwirtschaftlich verantwortet. Der Gewinn resultiert aus der selbstständigen Tätigkeit selbst, darunter fallen z. B. nicht allein Kapitalerträge ohne eine Tätigkeit. Auch bloßer Aufwendungsersatz stellt keinen Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit dar. Schließlich fehlt es an einer Gewinnerzielungsabsicht, wenn eine Tätigkeit nur aus Liebhaberei ausgeübt wird. Eine selbstständige Tätigkeit kann auch allein in der betrieblichen Organisation liegen, wenn im Übrigen Arbeitnehmer für die Tätigkeiten beschäftigt werden. Für den Umfang der selbstständigen Tätigkeit ist der gesamte, mit ihrer Ausübung verbundene Zeitaufwand einschließlich der Vor- und Nachbereitungszeiten zu berücksichtigen, wobei davon ausgehend die durchschnittliche Arbeitszeit zu ermitteln ist (BSG, Urteil v. 12.10.2017, B 11 AL 17/16 R).

 

Rz. 13a

Bei schwankenden Arbeitszeiten muss ohnehin auch auf einen voraussichtlichen Durchschnitt abgestellt werden. Zeiten der Arbeitsbereitschaft sind der Beschäftigungszeit hinzuzurechnen, Bereitschaftsdienste jedoch vor dem 1.1.2004 nur, soweit voraussichtlich vergütungspflichtige Arbeit geleistet wird (BSG, Urteil v. 29.11.1990, 7 RAr 34/90), seither sind Bereitschaftsdienste am Arbeitsplatz auch Arbeitszeit. Auch Zeiten der Vor- und Nacharbeit sind zu berücksichtigen. In einem Verfahren zweiter Instanz hat das LSG entschieden, dass Arbeitsverträge bei der Deutschen Post als Sortierer mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 13 Stunden in der Woche Arbeitslosigkeit ausschließen, wenn regelmäßig Nacharbeit anfällt und in mehreren Wochen die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten wird (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.11.2011, L 7 AL 61/10). Dasselbe gilt für selbstständige Tätigkeiten und die Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger. Eine vom Jugendamt vermittelte Tagesmutter ist ohne Gewinnerzielungsabsicht nicht selbstständig (BSG, Urteil v. 16.9.1999, B 7 AL 80/98 R). Im Übrigen ist ein objektiver Maßstab anzulegen, z. B. ist bei Lehrern auf die Arbeitszeit eines durchschnittlichen Lehrers abzustellen, die dieser für den Lehrauftrag benötigen würde.

 

Rz. 14

Mithelfende Familienangehörige arbeiten im Unternehmen oder Betrieb eines Angehörigen mit, ohne ein der Arbeitsleistung entsprechendes Entgelt zu erhalten. Dem steht es nicht entgegen, wenn der mithelfende Angehörige einen Anteil am Ertrag hat, der sich z. B. als Kost und Logis oder als Taschengeld darstellen kann. Eine derart enge Auslegung hält das BSG für geboten. Auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft kommt es nicht an (BSG, Urteil v. 14.2.1989, 7 RAr 52/87). Das SG Landshut schließt Verfügbarkeit jedoch bei 15 Stunden und mehr ohne Sozialversicherungspflicht aus (SG Landshut, Urteil v. 28.7.2015, S ...

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