Rz. 3

Die Bedarfssätze des § 123 sind nur für die Berufsausbildung und die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 SGB IX anwendbar (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen die Komm. zu § 122). Der Gesetzgeber hat zum 1.8.2019 die individuelle betriebliche Qualifizierung mit der Berufsausbildung bei der Festlegung der Bedarfssätze gleichgestellt, weil es sich um ähnliche Bedarfslagen handelt (zuvor in § 124 geregelt). Damit hat er auf den praktischen Umstand reagiert, dass eine individuelle betriebliche Qualifizierung häufig ein Ersatz für die Berufsausbildung ist, weil wegen der Schwere der Behinderung eine berufliche Erstausbildung praktisch nicht realisiert werden kann.

Maßgeblich für die Bedarfssatzzuordnung ist die Unterbringungsform während der Berufsausbildung oder der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung.

2.1 Unterbringung im Elternhaushalt (Nr. 1)

 

Rz. 4

Die Unterbringung hat für die Heranziehung des Bedarfssatzes in § 123 Satz 1 Nr. 1 im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils zu erfolgen. Dazu müssen die Eltern oder der Elternteil in ihrem Haushalt dem Menschen mit Behinderungen den Wohnraum während der Berufsausbildung oder der individuellen betrieblichen Qualifizierung zur Verfügung stellen, d. h. der Mensch mit Behinderungen muss im Haushalt wohnen (häusliche Gemeinschaft). Folglich ist ein außerhalb der Eltern bewohnter Wohnraum (im Haus mit eigener abgetrennter Wohneinheit) und mit eigenem Haushalt nicht von den Tatbestandsmerkmalen erfasst. Der Ausbildungsort muss zudem regelmäßig vom Haushalt während der betrieblichen Ausbildungsphasen erreichbar sein.

 

Rz. 5

Zum Begriff der (leiblichen) Eltern (d. h. Mutter und Vater) oder des Elternteils sind die Vorschriften der §§ 1591 ff. BGB heranzuziehen. Bei Adoption wechselt die rechtliche Elternschaft zu den Adoptiveltern (§§ 1741 ff. BGB, insbesondere § 1754 BGB) und ist folglich von den Tatbestandsmerkmalen in Nr. 1 ebenfalls erfasst. Eine soziale Elternschaft durch Stiefeltern oder Pflegeeltern ist hier nicht von Belang. Die Unterbringung im Haushalt eines Elternteils ist ausreichend (z. B. nach Trennung oder Tod des anderen Elternteils). Ob dieser Elternteil das (alleinige) Sorgerecht hat ist unerheblich und keine gesetzliche Anspruchsvoraussetzung.

 

Rz. 6

Die Höhe des Bedarfssatzes richtet sich nach § 13 BAföG, der eigentlich den Bedarf für Studierende bestimmt. Ab dem 1.8.2019 sind folgende Bedarfssätze relevant:

  • Für den Bedarf für Lebensunterhalt nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG monatlich 391,00 EUR
  • zzgl. eines Bedarfes für Unterkunft nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG in Höhe von monatlich 55,00 EUR.

Als einheitlicher, pauschalierter Bedarfssatz für den § 123 Nr. 1 sind ab dem 1.8.2019 insgesamt 446,00 EUR heranzuziehen. Ob der Mensch mit Behinderungen sich an den Unterkunftskosten tatsächlich beteiligt, ist nicht von Belang.

Mit Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa des 26. BAföGÄndG wird der Bedarf für den Lebensunterhalt ab 1.8.2020 auf 398,00 EUR erhöht. Der Bedarf für Unterkunft beträgt ab dem gleichen Zeitpunkt 56,00 EUR (vgl. Art. 2 Nr. 2 Buchst. b 26. BAföGÄndG). Für Zeiträume ab 1.8.2020 ist daher ein pauschalierter Gesamtbedarf von 454,00 EUR maßgeblich.

Mit Art. 1 Nr. 5 des 27. BaföGÄndG wurde der Bedarf für den Lebensunterhalt ab 1.8.2022 auf 421,00 EUR (Buchst. a Doppelbuchst. aa) und der Bedarf für die Unterkunft auf 59,00 EUR angepasst (Buchst. b Doppelbuch. aa).

2.2 Institutionelle Unterbringung (Nr. 2)

 

Rz. 7

Die Heranziehung des monatlichen Bedarfssatzes ab 1.8.2019 in Höhe von 117,00 EUR, ab 1.8.2020 in Höhe von 119,00 EUR und ab 1.8.2022 in Höhe von 126,00 EUR ist in § 123 Nr. 2 an 2 Tatbestände geknüpft:

  • Unterbringung in einem Wohnheim, einem Internat oder einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen und
  • die Agentur für Arbeit oder ein anderer Leistungsträger übernimmt vollständig die Kosten für Unterbringung und Verpflegung.

Der Bedarfssatz erfüllt den Zweck eines Taschengeldes, weil die Unterbringung und Verpflegung bereits vollständig durch einen Rehabilitationsträger übernommen wird.

 

Rz. 8

Die institutionelle Unterbringung zum Zwecke einer Berufsausbildung oder einer individuellen betrieblichen Qualifizierung muss in einem Wohnheim, Internat oder einer speziellen Rehabilitationseinrichtung für Menschen mit Behinderungen erfolgen. Grundlegende Voraussetzung für diese besonderen Ausbildungen für Menschen mit Behinderungen ist, dass die Voraussetzungen für die besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aufgrund behinderungsspezifischer Besonderheiten vorliegen (vgl. Komm. zu § 117 ff.). Dabei wird eine außerbetriebliche Berufsausbildung häufig in einer speziellen Bildungseinrichtung absolviert, der eine Unterkunft angegliedert ist (regelmäßig Internat). Dies erfolgt i. d. R. in den Berufsbildungswerken. Auch in betreuten Wohnheimen (mit verschiedenen Wohngruppen, Wohngemeinschaften und Außenwohngruppen) mit ständig anwesendem Betreuungspersonal kann der Mensch mit Behinderungen untergebracht werden, wenn...

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