Rz. 24

Die Werkstätten für behinderte Menschen oder die sonstigen Leistungsanbieter gehören zu den besonderen Rehabilitationseinrichtungen. Förderbar für die BA ist nur das Eingangsverfahren und der Berufsbildungsbereich (vgl. § 57 SGB IX) in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Dies ergibt sich ergänzend aus der analogen Regelung in § 63 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, falls kein anderer der in Nr. 2 bis 4 genannten Träger vorrangig zuständig ist. Auf den Arbeitsbereich (§ 58 IX) in der WfbM verweist die Vorschrift nicht, weil hier angeleitete behinderungsgerechte Formen von produktiver Beschäftigung ausgeübt werden. Hierfür ist im Regelfall der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe zuständig (§ 63 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX), falls nicht ein andere Rehabilitationsträger vorrangig zuständig wäre (Nr. 1 bis 3). Mit dem BTHG hat der Gesetzgeber eine Erweiterung um andere Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich (vgl. § 57 SGB IX) vorgenommen.

Dem Mensch mit Behinderungen kommt dabei ein Wahlrecht zu (§ 62 SGB IX), welche Einrichtung/en die jeweilige Leistung erbringt/erbringen. Mit dem Wahlrecht kann der Anbieter von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – insbesondere für das Eingangsverfahren/den Berufsbildungsbereich nach § 57 SGB IX – durch den Menschen mit Behinderungen selbst bestimmt werden. So kann die örtliche WfbM oder ein anderer Leistungsanbieter gewählt werden. Auch einzelne Teilabschnitte bei unterschiedlichen Trägern sind möglich. Aus dem Wahlrecht des Menschen mit Behinderungen ergibt sich umgekehrt die Verpflichtung der WfbM, mit anderen Leistungsanbietern zusammenzuarbeiten und Leistungen anzubieten (ggf. sogar Zustimmung des unmittelbar verantwortlichen Leistungsanbieters).

 

Rz. 25

Menschen mit Behinderungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden, können in einer WfbM aufgenommen werden. Die WfbM sind bundesweit und flächendeckend organisiert. Die Bundesagentur für Arbeit wurde mit § 225 Satz 3, 4 SGB IX beauftragt ein Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen zu führen und dort Zusammenschlüsse anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen aufzunehmen. Zudem sind hierzu Informationen beim Interessenverband Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. (BAG WfbM) und dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Informationsportal REHADAT zu finden. Der Verband BAG WfbM unterstützt seine Mitglieder als Berater und Interessenvertretung in fachlichen und politischen Angelegenheiten. Im Juni 2021 betrug nach Zahlen der BAG WfbM die Anzahl der WfbM 684 Hauptwerkstätten (2.971 Betriebsstätten) mit 315.680 Beschäftigungsmöglichkeiten (kumulierte Zahlen zum Berufsbildungsbereich, Arbeitsbereich und im nicht sozialversicherten Förderbereich).

Die Begrifflichkeit und Aufgaben hat der Gesetzgeber in § 219 SGB IX und der Werkstättenverordnung (WVO) geregelt. Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gliedern sich die WfbM jeweils in ein Eingangsverfahren, einen Berufsbildungsbereich sowie einen Arbeitsbereich. Im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich zur Beruflichen Bildung waren im Juni 2021 29.315 Menschen, im Arbeitsbereich ca. 266.821 Menschen und 19.544 Menschen im nicht sozialversicherten Förderbereich (schwerbehinderte Menschen, die einer besonderen Betreuung, Förderung und Pflege bedürfen, jedoch nicht in der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit) beschäftigt.

 

Rz. 26

Folgende Ziele und Aufgaben verfolgen die WfbM:

  • Angebot einer behinderungsgerechten, angemessenen beruflichen Bildung,
  • Erhalt, Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit,
  • Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für "geeignete" Personen,
  • Weiterentwicklung der Persönlichkeit und
  • Zahlung eines der Leistung angemessenen Entgelts.

Hierfür haben die WfbM ein breites Angebot an Bildungs- und spezifischen Arbeitsplätzen (einfache Produktionstätigkeiten und Dienstleistungen), halten qualifiziertes Personal sowie einen begleitenden Dienst vor. Das Angebot der WfbM richtet sich hauptsächlich an Menschen mit geistigen Behinderungen (ca. ¾ der Werkstattbeschäftigten), die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Beschäftigung finden. In den letzten Jahren hat der Anteil an Menschen mit einer oder mehrere psychische/seelische Behinderungen in den WfbM stetig zugenommen (zuletzt ca. 1/5). Körperliche Behinderungen machen nur ca. 3 bis 4 % der Werkstattbeschäftigten aus.

 

Rz. 27

Für Menschen mit Behinderungen gibt es weiterhin spezielle Blindenwerkstätten, obwohl das Blindenwarenvertriebsgesetz mit Wirkung vom 14.09.2007 aufgehoben wurde. Für die bis dahin staatlich anerkannten Blindenwerkstätten gilt insoweit ein Bestandsschutz.

 

Rz. 28

Die Aufnahme in einer WfbM erfolgt in einem gestuften Verfahren. Im ersten Schritt wird das Eingangsverfahren zur Feststellung der Eignun...

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