Rz. 18

Mit den Sonderregelungen zur Dauer der Förderung bezweckt der Gesetzgeber, dass Menschen mit Behinderungen bei nicht reibungslosem Abschluss oder falscher Ausbildung weiterhin Unterstützung erhalten (z. B. Berufsausbildungsbeihilfe) und dies durch die Agentur für Arbeit im Einzelfall als notwendig erachtet wird.

Die Vorschrift regelt 3 Sachverhalte (Abs. 5 HS 1) in Bezug eine förderfähige Berufsausbildung (vgl. § 57 Abs. 2, der in Folge auch hinsichtlich des Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe zu würdigen ist) für Menschen mit Behinderungen (vgl. zur Behinderung Komm. § 19):

  • Die Ausbildung kann über das reguläre Ende hinaus verlängert werden.
  • Die Ausbildung (einschließlich deren Prüfung) kann ganz oder teilweise erneut durchlaufen werden.
  • Eine zweite Berufsausbildung wird in Gänze gefördert.
 

Rz. 19

Der erste Sachverhalt von Abs. 5 ist ausbildungsrechtlich in § 8 Abs. 2 BBiG geregelt. In Ausnahmefällen kann auf Antrag der auszubildenden Person und nach entsprechender Anhörung die Ausbildungszeit verlängert werden, wenn dies zur Erreichung des Ausbildungsziels erforderlich ist. Eine Verlängerungsentscheidung ist daher gerade im Hinblick auf die Einschränkungen des Menschen mit Behinderungen möglich. Der Sachverhalt tritt häufig im letzten Drittel einer Ausbildung auf, so dass bei einer Verlängerung häufig der bisherige Aufwand und bereits getätigte Lernerfolge zu würdigen sind.

 

Rz. 20

Ausbildungsrechtlich können die Abschlussprüfungen zweimal wiederholt (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Dazu kann das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen der auszubildenden Person bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert werden. Es kann höchstens um ein Jahr verlängert werden, wenn ein weiterer Wiederholungsbedarf besteht. Bei der Abwägung sind die bisherigen Leistungen und ggf. erreichten Prüfungsergebnisse einzubeziehen.

 

Rz. 21

In allen drei eingangs aufgezählten Sachverhalten müssen dabei die zwei notwendigen Wertungen des Abs. 5 HS 2 für eine weitere oder erneute Förderung mit allgemeinen Leistungen positiv ausfallen. Demnach hat die zuständige Agentur für Arbeit als Rehabilitationsträger als alleinige Ursache feststellen, dass wegen der individuellen Behinderung der Berufsabschluss nach den Regelungen der Ausbildungsordnung nicht erreicht werden konnte und deshalb eine der o. g. Alternativen erforderlich ist. Zudem hat die Agentur für Arbeit eine Prognoseentscheidung vorzunehmen, dass eine dauerhafte berufliche Eingliederung und damit Teilhabe am Arbeitsleben auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Dabei sind die persönliche Neigung und Eignung und die im Ausbildungsverlauf erworbenen Fertigkeiten und Kenntnissen zu berücksichtigen,

Durch die Möglichkeiten der behinderten Auszubildenden im BBiG eine Verlängerung und Wiederholung zu verlangen, ist die Agentur für Arbeit in ihrer Abwägungs- und Ermessensentscheidung so stark eingeschränkt, dass eine Reduzierung auf Null regelmäßig vorliegen dürfte. In der Folge hat der Mensch mit Behinderungen ggf. einen weiteren/längeren Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 57 Abs. 2).

 

Rz. 22

Bei einer erneuten Ausbildung dürften regelmäßig Sachverhalte förderfähig sein, bei denen aus behinderungsbedingten Gründen der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann oder eine dauerhaft schlechte Arbeitsmarktlage vorherrscht. Ergänzend wird auf die für alle Auszubildenden geregelte Abwägungsentscheidung einer zweiten Berufsausbildung in § 57 Abs. 2 Satz 2 verwiesen.

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