Rz. 2

Der Gesetzgeber beabsichtigt mit der Vorschrift, dass entsprechend dem Grundsatz in § 113 Abs. 2 vorrangig die allgemeinen Leistungen zu erbringen sind, wenn Menschen mit Behinderungen (vgl. § 19) mit Leistungen für Menschen ohne Behinderungen eingegliedert werden können, obwohl ihnen diese Leistungen nicht zustehen würden (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.2013, B 11 AL 8/12 R). Liegen die modifizierten Voraussetzungen des § 116 vor, handelt es sich dabei ebenfalls um allgemeine Leistungen nach § 113 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 115. Mit den Regelungen des § 116 wird von den regulären Anspruchsvoraussetzungen für die allgemeinen Leistungen abgewichen. Dies ist den besonderen Lebensumständen von Menschen mit Behinderungen geschuldet, sodass ein Anspruch auf die allgemeinen Leistungen aufgrund der fehlenden Zugangsvoraussetzungen scheitern könnte. Mit den Besonderheiten in § 116 reagiert der Gesetzgeber darauf und sieht in § 116 erleichterte und erweiterte Tatbestandsvoraussetzungen für die allgemeinen Leistungen vor. Die sonstigen Fördervoraussetzungen des § 112 sind hiervon nicht tangiert.

 

Rz. 3

Für folgende Leistungen und Sachverhalte wurden Sondertatbestände geschaffen:

  • Abs. 1: Nicht arbeitslose Menschen mit Behinderungen können auch Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung erhalten. Jedoch muss hierbei ergänzend die Bedingung erfüllt sein, dass durch die Leistungen eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.
  • Abs. 2: Es können auch abweichende berufliche Aus- und Weiterbildungen gefördert werden. Zum einen kann von den Ausbildungsordnungen für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe abgewichen werden. Zum anderen sind spezielle Sonderformen für Menschen mit Behinderungen möglich.
  • Abs. 3: Auszubildende mit Behinderungen haben auch einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe, wenn sie bei den Eltern oder einem Elternteil wohnen. In diesem Fall wird für die Berechnung der Leistung auf die Bedarfssätze im BAföG verwiesen. Die maßgeblichen Bedarfssätze in § 13 BAföG wurden mit dem 26. BAföGÄndG sowohl zum 1.8.2019 (vgl. Art. 1 Nr. 6) als auch zum 1.8.2020 (vgl. Art. 2 Nr. 2, in Kraft ab 1.8.2020 entsprechend Art. 6) neu geregelt. Eine weitere Erhöhung erfolgt mit dem 27. BAföGÄndG zum 1.8.2022.
  • Abs. 4: Wie beim Ausbildungsgeld erhalten Menschen mit Behinderungen, die jünger als 18 Jahre sind, nun auch Berufsausbildungsbeihilfe, wenn sie außerhalb des Haushalts der Eltern wohnen und in angemessener Zeit die Ausbildungsstätte erreichen können.
  • Abs. 5: Für Auszubildende mit Behinderungen wird mit Bezug auf die Art und Schwere der individuellen Behinderung sowie eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben sinnvollerweise geregelt, dass die Ausbildung verlängert oder die Prüfung (in Teilen) wiederholt werden kann.
  • Abs. 6: Für die berufliche Weiterbildung werden 4 Besonderheiten geregelt. Demnach ist eine berufliche Weiterbildung auch dann förderbar, wenn Menschen mit Behinderungen nicht arbeitslos sind, als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss noch nicht 3 Jahre beruflich tätig gewesen sind oder einer längeren Förderung als Menschen ohne Behinderungen oder einer erneuten Förderung bedürfen, um am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben. Falls notwendig, sind auch vorbereitende schulische Ausbildungen möglich.
  • Abs. 7: Die Zugangsvoraussetzungen für den Gründungszuschuss bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit werden umfassend erweitert. So kann dieser auch geleistet werden, wenn keine 150 Tage Restanspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Gleiches gilt, wenn generell kein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wurde.

Mit den geregelten Sondertatbeständen wird der Maßstab und Stellenwert der beruflichen Eingliederung des Menschen mit Behinderungen im Sozialgesetzbuch klar. Es soll umfassend und möglichst auf Dauer eine Teilhabe am Arbeitsleben gesichert werden. Zugleich wird damit die Förderung der Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Menschen ohne Behinderungen oder gleichgestellten Menschen unterstützt. Auf der anderen Seite kommt den Rehabilitationsträgern im stärkeren Maße die Aufgabe zu, diese Ziele im Blick zu behalten und den Wünschen und Vorstellungen der Menschen mit Behinderungen zu entsprechen (vgl. auch Komm. zu § 112).

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