0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist zuletzt durch Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) zum 1.4.2012 geändert worden. Dabei sind die ehemals in den Vorschriften der §§ 169 ff. enthaltenen Regelungen zum Kurzarbeitergeld (Kug) nun in die §§ 95 ff. überführt worden, ohne dass es dabei zu wesentlichen Änderungen gekommen wäre (vgl. BT-Drs. 17/6277, Begründung zu Art. 2 Nr. 18 S. 102).

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. Aus dem Grundgesetz lässt sich keine Verpflichtung des Gesetzgebers entnehmen, bei Leistungen nach dem SGB III nach Familienstand, dem Vorhandensein oder der Zahl der Kinder zu differenzieren (vgl. Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 105 Rz. 11).

2 Rechtspraxis

 

Rz. 2

Das Kug beträgt für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 % und für die übrigen Arbeitnehmer 60 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum (zur Nettoentgeltdifferenz vgl. die Komm. zu § 106). Die Voraussetzung für die Gewährung des erhöhten Leistungssatzes erfüllen nach § 149 Nr. 1 Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind i. S. v. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben sowie Arbeitnehmer, deren Ehegatte mindestens ein Kind i. S. dieser Bestimmung hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind. Allein die verwandtschaftliche Beziehung ist entscheidend. Unerheblich ist dagegen, wo das Kind wohnt. Auch Kinder, die im Ausland wohnen, sind daher berücksichtigungsfähig (Bieback, in: BeckOK SGB III, § 105 Rz. 2). Zu den Kindern zählen auch Pflege- und Stiefkinder (Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 105 Rz. 8; a. A. Bieback, in: Gagel, SGB III, § 105 Rz. 10, wonach es allein auf die verwandtschaftlichen Beziehungen ankommt).

 

Rz. 3

Den höheren Leistungssatz erhalten alle Leistungsempfänger ohne Rücksicht auf ihren Familienstand, auf deren Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag mit dem Zähler von mindestens 0,5 eingetragen ist (Lüdtke/Böttiger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 105 Rz. 3). Die Zahl der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Kinder ist dagegen ohne Bedeutung. Aufgrund einer Bescheinigung der BA hat der Arbeitgeber nach § 320 Abs. 1 Satz 2 den erhöhten Leistungssatz von 67 % auch dann anzuwenden, wenn kein Kinderfreibetrag mit dem Zähler von mindestens 0,5 auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers eingetragen ist (Kühl, in: Brand, SGB III, § 105 Rz. 2).

 

Rz. 4

Bewirkt eine Änderung der Eintragung in der Lohnsteuerkarte einen Wechsel des Leistungssatzes zugunsten des Arbeitnehmers (z. B. Geburt eines Kindes), so wird diese Änderung auf Antrag auf der Lohnsteuerkarte vermerkt und dabei der Tag des Wirksamwerdens der Änderung angegeben. Vom Tag des Wirksamwerdens der Änderung kann ein höherer Leistungssatz bereits ab Beginn des Anspruchszeitraums gezahlt werden.

 

Rz. 5

Wird eine Eintragung zum Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte, die für die Zuordnung zu einem anderen Leistungssatz maßgeblich ist, zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend geändert, so ist eine solche Änderung für einen bereits abgerechneten Anspruchszeitraum unbeachtlich (Kühl, in: Brand, SGB III, § 105 Rz. 2; Lüdtke/Böttiger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 105 Rz. 3; Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 105 Rz. 10).

 

Rz. 6

Für beschränkt Steuerpflichtige gelten Sonderregelungen. Als beschränkt steuerpflichtig im Sinne von § 1 Abs. 4 EStG gelten z. B. ausländische Arbeitnehmer, die sich infolge beschränkter Aufenthaltserlaubnis voraussichtlich weniger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten sowie Grenzgänger, soweit sie nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der Steuerpflicht befreit sind. Beschränkt Steuerpflichtige werden in die Steuerklasse I eingestuft. Dabei kommt nur noch die Anwendung der Steuerklasse VI in Betracht, wenn der Arbeitnehmer in einem zweiten oder weiteren Arbeitsverhältnis steht. Sie erhalten keinen Kinderfreibetrag. Grenzgängern, deren Arbeitslohn aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der Lohnsteuerpflicht freigestellt ist, kann das Kug mit dem höheren Leistungssatz gewährt werden, wenn anhand der Kindergeldakte oder aufgrund einer Bescheinigung der Wohnortgemeinde das Vorhandensein eines Kindes nachgewiesen ist (Fachliche Weisungen der BA zu § 105, Stand 12/2018).

 

Rz. 7

Anstelle einer Lohnsteuerkarte, die für beschränkt Steuerpflichtige nicht ausgestellt wird, erteilt das Betriebsstätten-Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers eine Bescheinigung. Diese enthält in der Regel die anzuwendende Steuerklasse sowie den zu berücksichtigenden Freibetrag.

 

Rz. 8

Das Kug ist gemäß § 3 Nr. 2 EStG lohnsteuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Kug bezogen, so ist gemäß § 32b Abs. 1 EStG auf das nach § 32a EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden.

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