Rz. 11

Die Teilnahme von Arbeitnehmern, die aufgrund von Betriebsänderungen oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses von Arbeitslosigkeit bedroht sind, an Transfermaßnahmen wird nach Abs. 1 Satz 1 gefördert, wenn

  1. sich die Betriebsparteien im Vorfeld der Entscheidung über die Einführung von Transfermaßnahmen, insbesondere im Rahmen ihrer Verhandlungen über einen die Integration der Arbeitnehmer fördernden Interessenausgleich oder Sozialplan nach § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes, durch die Agentur für Arbeit beraten lassen.
  2. die Maßnahme von einem Dritten durchgeführt wird,
  3. die vorgesehene Maßnahme der Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt dienen soll,
  4. die Durchführung der Maßnahme gesichert ist

Es gilt der allgemeine Arbeitnehmerbegriff. Arbeitnehmer ist, wer gegen Arbeitsentgelt in eine fremde Arbeitsorganisation eingebunden ist und weisungsabhängig beschäftigt wird. Die Einfügung von Nr. 1 ist durch Art. 1 Nr. 10a des Beschäftigungschancengesetzes zum 1.1.2011 erfolgt. Die Einfügung soll sicherstellen, dass die Agenturen für Arbeit die Betriebsparteien frühzeitig über arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Maßnahmen zur Eingliederung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer beraten können, zum Beispiel über Vermittlung von Arbeit in Arbeit, ggf. nach vorangegangener Qualifizierung. Die frühe Beratung soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch dazu beitragen, dass die Fördervoraussetzungen nach § 110 im Interessenausgleich und Sozialplan berücksichtigt werden. Das Transfergeschehen ist damit dreistufig gestaltet. Auf der ersten Stufe steht die Beratung, auf der zweiten der Transferantrag und auf der dritten Stufe der Leistungsantrag.

 

Rz. 12

Nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann der Unternehmer oder der Betriebsrat beim Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung zur Erzielung einer Einigung im Interessenausgleich bzw. Sozialplanverfahren ersuchen. Insofern enthält das Beratungsangebot nicht nur die Beratung im Einzelfall zur Vermeidung von Risiken in Bezug auf die Förderung nach § 110 und § 111, sondern darüber hinaus eine weitergehende Beratung der Betriebsparteien bei den Sozialplanverhandlungen.

 

Rz. 13

Der Arbeitgeber ist von der Bundesagentur für Arbeit auch dahingehend zu beraten, dass die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer mit der betriebsorganisatorischen Einheit arbeitsrechtliche Konsequenzen enthalten sollen, falls der Arbeitnehmer angebotene Weiterbildungsmaßnahmen und Vermittlungsvorschläge ablehnt.

 

Rz. 14

Bei fehlender Beratung durch die Agenturen für Arbeit kommt ggf. ein Amtshaftungsanspruch der betroffenen Arbeitnehmer nach § 839 BGB in Betracht (Klein, in: Gagel, SGB III, § 110 Rz. 85). Nach überwiegender Auffassung scheidet dagegen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vor den Sozialgerichten aus (Krodel, a. a. O., Rz. 28).

 

Rz. 15

Betriebsparteien nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind Arbeitgeber und Betriebsrat. In Betrieben ohne Betriebsrat sind es der Arbeitgeber und die einzelnen Arbeitnehmer.

2.1.1 Betriebsänderungen

 

Rz. 16

§ 2 Abs. 3 bestimmt, dass Arbeitgeber die Agenturen für Arbeit frühzeitig über betriebliche Veränderungen, die Auswirkungen auf die Beschäftigung haben können, zu unterrichten haben. Dazu gehören auch Mitteilungen über geplante Betriebseinschränkungen oder Betriebsverlagerungen, damit Entlassungen von Arbeitnehmern vermieden oder Übergänge in andere Beschäftigungsverhältnisse organisiert werden können. Diese Informations- und Mitteilungspflichten sind allerdings nur als Sollvorschrift ausgestaltet und insofern nicht von zwingender Natur. Die Verletzung der Mitteilungspflichten ist nicht sanktionsbewehrt.

 

Rz. 17

§ 17 Abs. 2 und 3 KSchG sieht ein besonderes Verfahren der Unterrichtung der Agenturen für Arbeit vor. Im Vorfeld der Erstattung einer Massenentlassungsanzeige ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat und die Agentur für Arbeit schriftlich zu unterrichten. Diese Unterrichtung muss mindestens folgende Angaben enthalten:

  • Gründe der geplanten Entlassungen,
  • die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
  • die Zahl und die Berufsgruppen der i. d. R. beschäftigten Arbeitnehmer,
  • den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
  • die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer.
 

Rz. 18

Abs. 1 Satz 3 definiert den Begriff der Betriebsänderung. Danach gelten als Betriebsänderungen alle Betriebsänderungen i. S. d. § 111 BetrVG unabhängig von der Unternehmensgröße und der Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes im jeweiligen Betrieb. Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG sind:

  • Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  • Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks,
  • Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend ...

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