Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Entscheidung nach Gewährung vorläufiger Leistungen. keine Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Geldleistung. Rückwirkende Aufhebung. Pflichtwidriges Handeln. Analogie. Planwidrige Regelungslücke

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geldleistungen iS von § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB 2 aF iVm § 328 Abs 1 S 1 SGB 3 sind Barleistungen an den Berechtigten, gegebenenfalls auch an Dritte, die inhaltlich Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind keine Geldleistungen in diesem Sinne.

2. Eine rückwirkende Aufhebung von Leistungen iS von § 335 Abs 1 S 1 SGB 3 liegt nicht vor, wenn nach einer vorläufigen Leistungsgewährung endgültig über den Leistungsanspruch entschieden wird.

 

Normenkette

SGB II a.F. § 40 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1a, 3; SGB III § 328 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2, § 335 Abs. 1, 5; SGB X §§ 45, 48, 50; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 2a, § 252 Abs. 1 S. 2; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr 2a, § 60 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Monate Januar 2008 bis März 2008 in Höhe von 400,80 EUR.

Die 1963 geborene Klägerin, die in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 1969 geborenen Ehemann und dem 2002 geborenen gemeinsamen Sohn lebte, bezog seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Da ihr Ehemann Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte, war sie seit Beginn des Leistungsbezuges bei der AOK Plus im Rahmen einer Familienversicherung gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Hierüber wurde sie regelmäßig in den Leistungsbescheiden informiert.

Am 15. Juni 2007 nahm die Klägerin eine selbständige Tätigkeit als Berufsbetreuerin auf. Auf den Folgeantrag vom 28. August 2007 hin bewilligte der Beklagte den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 27. September 2007 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008 in Höhe von monatlich insgesamt 457,79 EUR. Als Grund für die vorläufige Bewilligung benannte er die Einkommenserzielung aus selbständiger Tätigkeit. In Bezug auf die Vorläufigkeit der Bewilligung wies er auf die Regelung aus § 40 Abs. l Satz 2 Nr. la SGB II i. V. m. § 328 Abs. l Satz l Nr. 3 des Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) und die Möglichkeit der späteren Erstattung hin. Zudem enthielt der Bescheid den Hinweis, dass in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008 für die Klägerin Versicherungsschutz aufgrund der Familienversicherung bei der AOK Plus bestehe. Dementsprechend führte der Beklagte in der Folge die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 40,80 EUR an die Krankenkasse ab.

Mit vorläufigem Bescheid vom 23. Januar 2008 änderte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 hinsichtlich der Höhe. Der Änderungsbescheid enthielt wiederum den Hinweis auf die bei der AOK Plus für die Klägerin bestehenden Familienversicherung.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2008 teilte die AOK Plus dem Beklagten mit, dass die Klägerin wegen der Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit zum 14. Juni 2007 nicht mehr im Rahmen der Familienversicherung versichert werden könne. Der Beklagte möge prüfen, ob nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung bestehe, und solle gegebenenfalls die erforderliche Meldungen vornehmen. Der Beklagte meldete daraufhin die Klägerin rückwirkend ab dem 15. Juni 2007 bei der AOK Plus als versicherungspflichtig an und führte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einschließlich Februar 2008 in Höhe von insgesamt 1.100,20 EUR ab. Auf die Monate Januar und Februar 2008 entfielen hierbei jeweils Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 118,31 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 15,29 EUR, insgesamt 133,60 EUR.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach Auskunft der AOK Plus eine Familienversicherung wegen der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 15. Juni 2007 nicht mehr möglich sei und sie daher ab dem 15. Juni 2007 in der AOK Plus pflichtversichert werde. Die noch ausstehenden Kranken- und Pflichtversicherungsbeiträge würden ab dem 15. Juni 2007 an die AOK Plus überwiesen.

Nach Einreichung sämtlicher Unterlagen zur abschließenden Gewinnermittlung setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 22. Mai 2008 en...

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