Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der für die Anwendbarkeit des KSchG erforderlichen Anzahl Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der für die Anwendbarkeit des KSchG maßgeblichen Anzahl Arbeitnehmer ist eine Arbeitnehmerin nicht mitzuzählen, die als Vertreterin für eine andere Arbeitnehmerin in Elternzeit eingestellt worden ist. Das gilt auch dann, wenn diese nach Rückkehr der vertretenen Mitarbeiterin aus der Elternzeit perspektivisch andere Arbeiten übernehmen soll, die Umsetzung dieser Expansionsplanung zum Zeitpunkt der Kündigung aber noch ungewiss war.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1; EEEG § 21 Abs. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 15.04.2016; Aktenzeichen 9 Ca 4374/15)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 15.04.2016 - Az. 9 Ca 4374/15 - wird auf Kosten des Klägers

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des sie verbindenden Arbeitsverhältnisses.

Der am ...1967 geborene und verheiratete Kläger war seit dem 01.06.2013 bei der Beklagten als Gebietsleiter der Region Ost im Vertriebsaußendienst zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 6.640,82 € beschäftigt. Mit Schreiben vom 25.11.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2015.

Hiergegen richtet sich die am 09.12.2015 bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage, in deren Rahmen sich die Parteien insbesondere um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 KSchG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien streiten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 10,5 Arbeitnehmer beschäftigt habe, weil die neu eingestellte Frau ... ganz neue Aufgaben habe übernehmen sollen, nämlich den Aufbau eines Europabüros. Sie sei daher neben der in Elternzeit befindlichen Frau ... zu zählen.

Im Übrigen werde bestritten, dass die eingestellte Frau ... als "Consumer Service Specialist" tatsächlich beschäftigt werde. Da Frau ... unbefristet eingestellt wurde und nach der Rückkehr von Frau ... im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bleiben sollte - insoweit unstreitig - seien beide Arbeitnehmerinnen bereits zum Zeitpunkt der Kündigung bei der Zahl der regelmäßig Beschäftigten i. S. d. § 23 KSchG zu zählen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche Kündigung der beklagten Partei vom 25.11.2015 zum 31.12.2015 nicht beendet wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich bereits erstinstanzlich darauf berufen, dass sie zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung regelmäßig nur 9,5 Arbeitnehmer beschäftigt habe, und zwar einschließlich der Elternzeitvertreterin Frau ... Die Beklagte hat vorgetragen, Frau ... sei seit 01.03.2013 als "Consumer Service Specialist" beschäftigt worden und befinde sich seit 29.10.2015 im Mutterschutz. Bereits vor Beginn der Mutterschutzfristen sei sie arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Diese Aufgaben der Frau ... habe Frau ... auch ausweislich des mit ihr abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 21.08.2015 übernommen. Frau ... habe in ihrer Funktion Lieferscheine zu erstellen gehabt, Waren ein- und auszubuchen, Rechnungen zu fertigen, Statistiken für Neuwarenerstellungen zu erstellen, Warenein- und -ausgang zu überprüfen.

Darüber hinaus habe zu ihren Aufgaben die Kommunikation mit dem Außendienst, das Qualitätsmanagement, die Kongressplanung, die Nachbearbeitung von Kongressen sowie Spesenabrechnungen gehört. Genau diese Aufgaben eines "Consumer Service Specialist" bei der Beklagten habe Frau ... übernommen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es für die Entscheidung im Rahmen des § 23 Abs. 1 KSchG auf die Frage der befristeten oder unbefristeten Einstellung des Vertreters nicht ankommen könne, und zwar schon deshalb nicht, weil einerseits für eine befristete Stelle nur sehr schwer ein Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu finden sei und es andererseits immer die Möglichkeit der anschließenden betriebsbedingten Kündigung gebe. Unstreitig habe die Beklagte ihre Tätigkeit zwar ausweiten wollen, habe dafür aber nicht Frau ..., sondern Frau ... und Frau ... eingestellt. Die weitere Umsetzung der betrieblichen Expansionsplanung auch im Hinblick auf Frau ... sei im November 2015 noch ungewiss gewesen.

Das Arbeitsgericht Leipzig hat die Klage mit Urteil vom 15.04.2016 abgewiesen.

Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.05.2016 zugestellt.

Die hiergegen gerichtete Berufung ist eingegangen am 08.06.2016 und wurde mit am 06.07.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger vertritt auch im Berufungsverfahren weiter die Auffassung, dass auf sein Arbeitsverhältnis gemäß § 23 KSchG der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes anwendbar sei. Er behauptet, Frau ... wäre auch ohne Abwesenheit von Frau ... eingestellt worden. Zudem habe Frau ... die Aufgaben von Frau ... nur "auch" üb...

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