Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Entfernungspauschale für Anfahrten von Bauarbeitern zu Sammelpunkt des Arbeitgebers bei Weitertransport in Arbeitgeberfahrzeug zu auswärtigen Baustellen und teilweise nicht arbeitstäglicher Rückkehr an den Wohnort

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Arbeitnehmer, die auf verschiedenen Baustellen tätig werden und stets denselben Sammelpunkt aufsuchen, um von dort in einem Fahrzeug des Arbeitgebers zur jeweiligen Baustelle zu gelangen, gehören einer Berufsgruppe an, die im Normalfall „typischerweise arbeitstäglich” i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG einen vom Arbeitgeber festgelegten Ort ansteuert und für die mit einem eigenen PKW zum Sammelpunkt durchgeführten Fahrten deswegen nur in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können. Das gilt auch, wenn die Arbeitnehmer öfters mehrere aufeinander folgende Tage auf auswärtigen Baustellen arbeiten und deswegen nicht arbeitstäglich an ihren Wohnort zurückkehren.

2. Eine „typischerweise arbeitstägliche” Anfahrt zu einem Sammelpunkt ist anzunehmen, wenn zwar die Anfahrt nicht an jedem Arbeitstag stattfindet, jedoch immer dann, wenn der Arbeitnehmer von seinem Wohnort aufbricht, um seine Arbeit binnen eines Tages oder längerwährend auf einer Baustelle zu verrichten.

 

Normenkette

EStG 2014 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3, Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.11.2017; Aktenzeichen VI R 33/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen

Den Klägern werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Werbungskosten des Klägers, die für Fahrten mit dem eigenen Pkw zu einem Treffpunkt zum Zwecke der Arbeitsaufnahme entstanden sind, in Höhe der Entfernungs-pauschale oder in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz anzusetzen sind.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Heizungs- und Sanitärinstallateur. Er erzielte im Streitjahr 2004 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Dazu fuhr er an 123 Tagen mit eigenem Pkw zu einer Einrichtung seines Arbeitgebers im LP., wo er ein Fahrzeug des Arbeitgebers bestieg, das ihn zu einem im Jahresverlauf wechselnden Tätigkeitsort brachte. Teilweise übernachtete er am Tätigkeitsort, so dass er an insgesamt 85 Tagen länger als 24 Stunden seinem Wohnort fernblieb. An keinem Arbeitstag steuerte er seinen Tätigkeitsort mit eigenem Pkw an, stets wurde er von LP. in einem Fahrzeug des Arbeitgebers zur Baustelle gebracht.

Im Einkommensteuerbescheid v. 27.10.2015 setzte der Beklagte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit Fahrtkosten für 123 Tage zu 0,30 Euro für die einfache Wegstrecke (32 km, Entfernungspauschale) an. Der Kläger legte am 4.11.2015 Einspruch ein und machte geltend, der Aufnahmepunkt in LP. sei keine erste Tätigkeitstelle. Deshalb müssten die Fahrtkosten als Reisekosten berücksichtigt werden. Nach einem Hinweis des Beklagten, der Aufnahmepunkt sei eine Sammelstelle, deren Anfahrt zu Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale führte, entgegnete der Kläger, er suche die Sammelstelle nicht arbeitstäglich auf.

Am 30.11.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG seien erfüllt, so dass für die Fahrtkosten die Entfernungspauschale anzusetzen sei. Soweit der Kläger nicht Auswärtstätigkeiten mit Übernachtung durchführte, habe er den Betriebssitz des Arbeitgebers arbeitstäglich aufgesucht.

Am 22.12.2016 erhoben die Kläger Klage zum Sächsischen Finanzgericht. Sie tragen vor: § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG sei nicht einschlägig. Nach dieser Vorschrift müsse ein Arbeitnehmer arbeitsrechtlich verpflichtet sein, zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit typischerweise arbeitstäglich denselben Ort aufzusuchen. Da die Tätigkeit des Klägers durch mehrtägige Reisen geprägt sei, greife sie nicht ein.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2014 v. 27.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung v. 30.11.2016 dahingehend abzuändern, dass die Fahrten des Klägers vom Wohnort zum Treffpunkt in LP. als Werbungskosten nach Reisekostengrundsätzen anzuerkennen sind.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Meinung, es mache in Anbetracht des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG keinen Unterschied, ob der Kläger den Sammelpunkt an fünf Tagen oder nur an zwei oder drei Tagen je Woche aufsuche, um von dort mit einem Sammeltransport die jeweilige Einsatzstelle aufzusuchen.

Auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Akten des Beklagten wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid v. 27.10.2015 ist rechtmäßig. Infolge der Fahrten vom Wohnort zum Sammelpunkt in LP. sind dem Kläger anzuerkennende Werbungskosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale entstanden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG sind für Fahrten des Arbeitnehmers zur Arbeitsaufnahme Aufw...

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