Der Begriff Resilienz kann auch auf ganze Systeme, z. B. Organisationen und Unternehmen, angewendet werden. Hier ist die Begrifflichkeit allerdings noch weniger geklärt und vereinheitlicht, als bei der Resilienz von Personen.

Es stellt sich die Frage nach geeigneten Messgrößen von Resilienz in Organisationen. Soll z. B. eine besonders langlebige Organisation als resilient bezeichnet werden? Unter diese Kategorie würden dann auch Kirchen oder Behörden fallen. Oder sollen Organisationen als resilient gelten, die besonders produktiv und erfolgreich sind? Auch ein gelungener Umgang mit Veränderungen oder eine geringe Fluktuation könnten Messgrößen der Resilienz sein.

Es gibt auch noch kein einheitliches Verständnis von den Resilienzfaktoren für Organisationen. Auch hier ist davon auszugehen, dass es keinen einheitlichen Satz von Resilienzfaktoren geben kann, der auf jedwede Organisation anwendbar ist. So verdanken z. B. Behörden ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Veränderungen eher äußeren Stützfaktoren wie einer sehr starren Hierarchie und ausgefeilten Regelsystemen. Start-up-Unternehmen müssten sicherlich ganz andere Eigenschaften aufweisen, um als resilient zu gelten.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beschreibt in ihrem Bericht "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Organisationale Resilienz" ein Rahmenkonzept der Resilienz, das sich an einem zeitlichen Ablauf von möglichen Krisen orientiert. Es werden folgende 5 Phasen unterschieden:

  1. Anticipation (Vorausschau): Vorhersehen möglicher Störungen, noch bevor diese eingetreten sind.
  2. Buffering (Puffern): Abpuffern möglicher Wirkungen von Störungen unmittelbar nach deren Eintreten, z. B. durch Vorhalten von Ressourcen in Reserve.
  3. Coping and Adaption (Handhaben akuter Situationen): Funktionieren und Handlungsfähigkeit einer Organisation werden auch unter Einwirkung einer akuten Störung erhalten.
  4. Recovery (Erholung): die Funktionalität einer Organisation soll nach einer Störung möglichst schnell wieder hergestellt werden, sodass es zu einer Normalisierung kommt.
  5. Learn (Lernprozess nach einer Störung): Nach Abklingen der Störungswirkung sollen die Organisation und deren Prozesse angepasst werden, um auf mögliche kommende Störungen besser vorbereitet zu sein.

Inzwischen wurde von der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO) eine Norm zur organisationalen Resilienz erarbeitet. Die Norm 22316 nennt 9 zentrale Handlungsfelder, wie sich die Resilienz auch in Unternehmen verbessern lässt:

  1. Geteilte Vision und Klarheit über den Zweck des Unternehmens: Mitarbeitende aller Hierarchieebenen haben eine gemeinsame Vision und Ziele, was den Nutzen der organisatorischen Resilienz angeht.
  2. Umfeld verstehen und beeinflussen: Es werden alle internen und externen Systeme verstanden, sodass diese beeinflusst werden können.
  3. Effektive und unterstützende Führung: Die Führungskultur ist auch in Zeiten der Unsicherheit und Veränderung effizient und wirksam.
  4. Resilienzfördernde Werte, Ziele und eine positive Einstellung: In der Organisation sind einheitliche Überzeugungen und Werte sowie positive Einstellungen und Verhaltensweisen fest verankert.
  5. Teilen von Informationen und Wissen: Alle Mitglieder der Organisation tauschen Informationen und Wissen aus; das Lernen aus Erfahrungen und Fehlern wird unterstützt.
  6. Verfügbarkeit von Ressourcen: Für anfällige Stellen der Organisation stehen genügend Ressourcen für den Störungsfall zur Verfügung (z. B. Personal, Anlagen, Technologien, Informationen).
  7. Koordination der Unternehmensbereiche: Die Unternehmensbereiche, die zu einer resilienten Organisation beitragen, werden gezielt entwickelt und koordiniert.
  8. Förderung von kontinuierlicher Verbesserung: Erfahrungen werden gezielt ausgewertet, um daraus zu lernen.
  9. Fähigkeit, Veränderungen vorwegzunehmen und zu managen: Mögliche zukünftige Veränderungen werden früh erkannt und rechtzeitig gemanagt.

Hilfreiche Strategien zu Stärkung der organisationalen Resilienz könnten z. B. sein:

  • Analyse von eigenen Stärken und Schwächen;
  • Reduktion von Risiken, Aufbau von Kraftquellen und Reservesystemen;
  • Krisenszenarien und Frühwarnsysteme aufbauen und für die gravierendsten Risiken Aktionspläne erstellen;
  • Problemlösefähigkeiten von Mitarbeitern, Führungskräften und Teams stärken;
  • soziale Kontakte und den Zusammenhalt innerhalb der Organisation stärken;
  • Resilienz der Führungskräfte fördern;
  • Resilienz in die Personalauswahl und -entwicklung integrieren;
  • gemeinsame Werte entwickeln und eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung leben.

Durch eine gezielte Förderung in Unternehmen kann deren Krisenrobustheit und Widerstandsfähigkeit aufgebaut und verbessert werden.

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