In Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Durchführung von Mitarbeiterkontrollen mitbestimmungspflichtig ist. Eine generelle Pflicht des Arbeitgebers, den Betriebsrat bei der Wahrnehmung seiner Kontrollbefugnisse gegenüber den Mitarbeitern zu beteiligen, existiert nicht. Der Betriebsrat hat nur ein Mitbestimmungsrecht bei Kontrollmaßnahmen, die unter die zwingenden Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG oder des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG fallen.[1]

Von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG werden z. B. allgemeine Taschenkontrollen sowie Alkohol- und Drogentests erfasst. Nicht erfasst werden dagegen Ehrlichkeitskontrollen und der Einsatz von Privatdetektiven.

Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sind diejenigen Kontrollen des Arbeitnehmerverhaltens, die mithilfe technischer Einrichtungen durchgeführt werden. Dazu gehören die Videoüberwachung sowie die Kontrolle der Nutzung betrieblicher Kommunikations- und Informationssysteme durch Maßnahmen der elektronischen Datenspeicherung und -auswertung.[2]

Werden externe Überwachungspersonen im Betrieb eingesetzt und wie Arbeitnehmer in den Betriebsablauf eingegliedert, um verdeckt ermitteln zu können, so muss ggf. auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG beachtet werden.[3]

Die Durchführung einer mitbestimmungspflichtigen Kontrollmaßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats hat folgende rechtliche Konsequenzen:

  • Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen verlangen (Unterlassungsanspruch des Betriebsrats).[4]
  • Mitbestimmungswidrige Kontrollmaßnahmen sind auch gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer unwirksam mit der Folge, dass dieser sie nicht dulden muss und ebenfalls deren Unterlassung verlangen kann (Unterlassungsanspruch des Arbeitnehmers).[5]

Ob die Ergebnisse mitbestimmungswidriger Kontrollmaßnahmen als Beweismittel gegen den Arbeitnehmer verwendet werden können, ist in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt, doch grundsätzlich gibt es kein Beweisverwertungsverbot zum Schutz der Mitbestimmungsrechte[6] (ggf. Beweisverwertungsverbot, vgl. dazu Abschn. 3.2).

Die Zustimmung des Betriebsrats hat keine Auswirkung auf die individualrechtliche Zulässigkeit der Mitarbeiterkontrolle.[7] Eine Kontrollmaßnahme, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht der überwachten Arbeitnehmer verletzt, ist daher auch dann rechtswidrig, wenn der Betriebsrat ihrer Einführung zugestimmt hat.[8] Umgekehrt ist wegen der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung allerdings eine individualrechtlich zulässige Maßnahme bei Fehlen der erforderlichen Mitbestimmung des Betriebsrats allein deshalb unwirksam.[9]

[1]

Vgl. dazu auch den Beitrag: Grundsätze der betrieblichen Mitbestimmung.

[2] Vgl. zur Einführung und Anwendung einer Belastungsstatistik BAG, Beschluss v. 25.4.2017, 1 ABR 46/15, NZA 2017 S. 1205.
[3] Vgl. BAG, Beschluss v. 13.3.2001, 1 ABR 34/00 zum Einsatz von Testkäufern: Für ein Mitbestimmungsrecht müssen die Externen so in den Betrieb eingegliedert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht ausüben kann und die Entscheidung über den Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort treffen kann. Ist dies nicht der Fall, so besteht kein Mitbestimmungsrecht (vgl. auch Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung sowie Fitting, 30. Aufl. 2020, § 99 Rz. 74).
[4] Vgl. grundlegend BAG, Beschluss v. 3.5.1994, 1 ABR 24/93, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972; BAG, Beschluss v. 23.7.1996, 1 ABR 13/96, AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG Ordnung des Betriebs; BAG, Beschluss v. 23.3.2021, 1 ABR 31/19, NZA 2021 S. 959; sowie Fitting, 30. Aufl. 2020, § 87 Rz. 596.
[6] Vgl. BAG, Urteil v. 13.12.2007, 2 AZR 537/06, NZA 2008 S. 1008, 1009 f. zur Durchführung von Taschenkontrollen; vgl. auch BAG, Urteil v. 29.6.2023, 2 AZR 296/22, NJW 2023 S. 3113; Fitting, 30. Aufl. 2020, § 87 Rz. 607.
[7] Vgl. BAG, Urteil v. 15.5.1991, 5 AZR 115/90, AP Nr. 23 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht.
[8] Vgl. BAG, Urteil v. 20.6.2013, 2 AZR 546/12, NZA 2014 S. 143, 148.
[9] Fitting, 30. Aufl. 2020, § 87 Rz. 599; BAG, Beschluss v. 23.10.2018, 1 ABN 36/18, BeckRS 2018, 27856.

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