Wie in den vorangegangenen Kapiteln zu erkennen war, unterliegt die nationale Gesetzgebung zum Gesundheits- und Arbeitsschutz internationalen Abkommen und Richtlinien. Das Arbeitsschutzsystem in Deutschland ist gleichfalls hierarchisch gegliedert. An der Spitze stehen Gesetze, die durch das europäische Arbeitsschutzrecht beeinflusst werden. Gesetze können nur allgemeine, branchenübergreifende Anforderungen stellen.

Eine Konkretisierung und Überwachung der Einhaltung erfolgt dann nach einem dualen System. Für die Einhaltung der Verordnungen sind die staatlichen Arbeitsschutzbehörden auf Länderebene zuständig. Die Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger können branchenspezifische Vorschriften erlassen und überwachen. Z. B. wurde als Ergänzung zur (staatlichen) Bildschirmarbeitsplatzverordnung eine berufsgenossenschaftliche Information, die DGUV-I 215-410, erstellt, die als Leitfaden zur Gestaltung und Hilfestellung zur Umsetzung dient. Berufsgenossenschaftliche Vorschriften dagegen haben einen rechtsverbindlichen Charakter, d. h., ihre Einhaltung wird kontrolliert und kann bei Missachtung auch rechtliche Konsequenzen haben. Diese Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit werden auch Unfallverhütungsvorschriften genannt und lassen sich in 4 Gruppen unterteilen:

  1. Allgemeine Vorschriften/Betriebliche Arbeitsschutzorganisation: Beispiele: DGUV Vorschrift 1 – Grundsätze der Prävention, DGUV Vorschrift 6 – Arbeitsmedizinische Vorsorge
  2. Einwirkungen: Beispiel: DGUV Vorschrift 11 – Laserstrahlung
  3. Betriebsart/Tätigkeit: Beispiel: DGUV Vorschrift 25 – Kassen
  4. Arbeitsplatz/Arbeitsverfahren: Beispiel: DGUV Vorschrift 77 – Arbeiten im Bereich von Gleisen

Abb. 2: Hierarchische Gliederung des Arbeitsschutzsystems in Deutschland

Das Arbeitsschutzgesetz wurde 1996 erstellt und ist die Umsetzung der Arbeitsschutz-Rahmen-Richtlinie 89/391/EWG der EG von 1989. Das Gesetz erteilt dem Unternehmen grundsätzlich den Auftrag, die erforderlichen Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu treffen, sodass die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter durch die berufliche Tätigkeit nicht beeinträchtigt werden. Unternehmen sind dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen ständig zu überprüfen und, wo nötig, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit.

Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen bezieht sich auf die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen. Die Beurteilung schließt neben den klassischen Gefährdungen, wie physikalische Einwirkungen, körperliche Belastungen, Umgang mit Gefahrstoffen und gesundheitsbeeinflussende Umgebungsbedingungen, auch die psychischen Belastungen und die Arbeitsorganisation mit ein.

Die Ergebnisse dieser Beurteilung sind gemäß Arbeitsschutzgesetz zu dokumentieren, wobei diese Pflicht sowie Art und Umfang der Dokumentation von der Beschäftigtenzahl abhängig ist. Neben diesen allgemeinen Vorschriften, die die Grundpflichten benennen, geht das Arbeitsschutzgesetz auch auf besondere Situationen und Bereiche ein. So werden der Umgang mit besonderen Gefahren, die Vorkehrungen zur Ersten Hilfe und Notfallmaßnahmen sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge grundlegend erwähnt und Verpflichtungen aufgezeigt. Genauere Erläuterungen und ausführlichere Regelungen werden u. a. durch Verordnungen und berufsgenossenschaftliche Vorschriften getroffen.

Das Arbeitssicherheitsgesetz ist bereits deutlich früher als das Arbeitsschutzgesetz erstellt worden. Ausgehend von zahlreichen Gesetzen bereits aus dem 19. Jahrhundert zur Sicherheit bei der Arbeit und im Umgang mit Geräten/Maschinen entstand das heutige Arbeitssicherheitsgesetz. Es regelt, wie die ausführliche Bezeichnung schon andeutet, Bestellung, Aufgaben und Befugnisse von Betriebsärzten, Sicherheitsingenieuren und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Diese unterstützen das Unternehmen bei der Durchführung von Maßnahmen, die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz, aber auch aus den zahlreichen Verordnungen und Vorschriften ergeben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen und ihnen auch bestimmte Aufgaben zu übertragen. Für die Ausführung ihrer Arbeit sind ihnen – soweit erforderlich – Hilfspersonal, Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Hat das Unternehmen mehr als 20 Beschäftigte, muss darüber hinaus ein Arbeitsschutzausschuss gebildet werden. Dieser muss mindestens einmal vierteljährlich tagen und hat die Aufgabe, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten.

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