Vermehrt überprüfen die zuständigen Unfallversicherungsträger bzw. Landesämter (Ämter für Gewerbeaufsicht) jetzt die ordnungsgemäße Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Diese Überprüfung kann angemeldet, aber auch ohne Anmeldung stattfinden. Bei einer Überprüfung wird i. Allg. ein Teil des Betriebs besichtigt, es werden die vorliegenden Dokumente geprüft und es wird ein strukturiertes Interview geführt.

Einerseits wird die innerbetriebliche Organisation der Gefährdungsbeurteilung überprüft:

  • Wer ist im Betrieb verantwortlich? Wurden Sicherheitsfachkraft und Betriebsarzt einbezogen? Wurde die Mitarbeitervertretung (Betriebs- oder Personalrat) rechtzeitig einbezogen?
  • Wurden Aufgaben und Verantwortung schriftlich auf Mitarbeiter mit Weisungs- und ggf. Entscheidungsbefugnis übertragen?

Andererseits kann auch der Ablauf der Gefährdungsbeurteilung selbst überprüft werden. Es müssen alle Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes eingehalten werden. Folgendes wird i. Allg. geprüft:

  • alle Arbeitsplätze/Tätigkeiten im Betrieb sind festgelegt bzw. erfasst,
  • besondere Personengruppen sind berücksichtigt,
  • Tätigkeiten und Arbeitsabläufe, wie z. B. Wartung, Instandhaltung und Reparatur, sind beurteilt,
  • sicherheitsrelevante – einschließlich der ergonomischen – Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe sind beurteilt,
  • auftretende Gefährdungen sind zutreffend ermittelt und beurteilt,
  • Schutzmaßnahmen sind festgelegt,
  • Verantwortliche für die Durchführung der Maßnahmen sind benannt,
  • Fristen für die Umsetzung sind festgelegt,
  • die festgelegten Schutzmaßnahmen entsprechen dem Stand der Technik,
  • die Auswahl der Schutzmaßnahmen entspricht der Rangfolge des § 4 Arbeitsschutzgesetz,
  • die Maßnahmen sind umgesetzt,
  • die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen ist geprüft und die Gefährdungen sind beseitigt bzw. minimiert,
  • die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung ist geregelt.[1]

Da bei der Gefährdungsbeurteilung gleichartige Tätigkeiten oder Bereiche gemeinsam geprüft werden können, muss die Bildung dieser Einheiten nachvollziehbar begründet sein. Die externen Prüfer fragen auch, wie die psychische Belastung bei der Arbeit ermittelt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Merkmale der Arbeitsaufgabe

Bei der Erhebung von belastungsrelevanten Merkmalen der Arbeitsaufgabe muss der Handlungsspielraum, die Abwechslung, die Vollständigkeit der Arbeitsaufgabe und der Grad der Verantwortung berücksichtigt werden.

Bei der Überprüfung muss auch dargestellt werden, wie die Belastungen erhoben und welche Methoden dafür eingesetzt wurden. Wurden z. B. betriebsinterne Daten über Krankheitsstände, Gesundheitsbeschwerden, Fluktuation, Qualitätsmängel oder Beschwerden mit einbezogen? Welche Art von Ermittlungsverfahren wurde ausgewählt: schriftliche Mitarbeiterbefragungen, Beobachtungen und Beobachtungsinterviews und/oder moderierte Analyseworkshops? Wichtig ist auch, dass gezeigt werden kann, dass die gewählten Verfahren zu den Rahmenbedingungen des Betriebs passen. So ist ein Erhebungsinstrument aus dem technischen Bereich i. Allg. nicht geeignet für Bürotätigkeiten.

Die Gefährdungsbeurteilung muss jeweils auf dem aktuellen Stand sein. Das betrifft einerseits die Bedingungen im Unternehmen selbst. So müssen also z. B. nach Umstrukturierungen oder wesentlicher Veränderung der Arbeitsbedingungen die Gefährdungen noch einmal überprüft werden. Auch wenn im Betrieb Anzeichen für eine erhöhte Stressbelastung sichtbar werden, müssen Arbeitgeber dem auf den Grund gehen, beispielsweise bei auffälligen Häufungen von Beschwerden, Fehlzeiten oder einer stark erhöhten Fluktuation. Andererseits muss auch der aktuelle Kenntnisstand der Arbeitswissenschaften und die gültige Gesetzeslage mit den darin enthaltenen Arbeitsschutzvorschriften berücksichtigt werden.

Nach der Erhebung von Daten über die psychische Belastung und vorhandene Ressourcen muss das Ergebnis beurteilt werden. Dazu können evtl. vorgegebene Normbereiche und Vergleichswerte zu den verwendeten Instrumenten herangezogen werden. Falls andere empirische Werte vorliegen, können die Ergebnisse auch mit diesen abgeglichen werden.

Für jeden einzelnen Belastungsfaktor muss abgeschätzt werden, wie groß die möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit sein können und wie wahrscheinlich das Auftreten dieses Risikofaktors ist. Sind gravierende Gesundheitsschäden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, müssen sofort Schutzmaßnahmen entwickelt werden. Sind die zu erwartenden Gesundheitsschäden nur gering und eher unwahrscheinlich, muss der Arbeitgeber nicht handeln. Es ist in diesem Fall davon auszugehen, dass es sich um ein normales Risiko des Lebensalltags handelt. Schließlich sollten die Ergebnisse gemeinsam von Führungskräften, Mitarbeitervertretung und internen oder externen Experten diskutiert und beurteilt werden.

Abb. 4: Matrix zur Risikoeinschätzung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung[2]

Nachdem die Prüfer den Abla...

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