Sobald ausreichend Daten zu den psychischen Belastungsfaktoren erhoben worden sind, müssen diese beurteilt werden. Wie schwerwiegend sind die Belastungsfaktoren? Stehen Ressourcen zum Ausgleich zur Verfügung? Sind Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich? Welche Maßnahmen erscheinen geeignet?

Es geht in diesem Schritt darum, die Ergebnisse der Datenerhebung zu interpretieren, damit erkennbar wird, für welche Belastungsfaktoren Maßnahmen entwickelt werden müssen. Die Hauptfrage ist: liegt hier eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vor? Dies ist kein leichtes Unterfangen, weil häufig das dazu nötige arbeitswissenschaftliche Fachwissen unternehmensintern nicht vorhanden ist.

Es gibt 3 verschiedene Möglichkeiten, diese Beurteilung der möglichen Gefährdungen durchzuführen (Abb. 2). Sie können einzeln eingesetzt oder auch kombiniert werden:

  1. Es werden Verfahren eingesetzt, für die bereits entsprechende Grenzwerte vorhanden sind. So enthalten einige Fragebögen Auswertungshilfen, in denen bereits kritische Grenzwerte bei den Ergebnissen festgelegt sind, ab denen von einer schädigenden psychischen Belastung ausgegangen werden muss. Teilweise werden auch kritische Kombinationen von verschiedenen Merkmalen benannt. Nach der ordnungsgemäßen Auswertung dieser Fragebögen wird dann z. B. anhand eines Ampelschemas schnell ersichtlich, ob man sich im Unternehmen noch "im grünen Bereich" befindet oder schon im kritischen roten angelangt ist und schnellstmöglich Maßnahmen entwickeln sollte.
  2. Es werden Verfahren eingesetzt, für die Vergleichswerte existieren, z. B. aus ähnlichen Berufsgruppen oder Branchen. Bei der Auswertung der eigenen Ergebnisse wird dann verglichen, inwieweit diese z. B. von denen anderer vergleichbarer Unternehmen abweichen. Für einige Fragebogenverfahren liegen externe Datenbanken mit Vergleichswerten vor. Es ist auch möglich, zum Vergleich bereits existierende Auswertungen anderer interner Abteilungen oder Bereiche heranzuziehen. Falls sich deutliche Ergebnisunterschiede zwischen 2 Abteilungen im gleichen Unternehmen ergeben, wäre dies ein Anlass, in den Bereichen mit den schlechteren Ergebnissen Maßnahmen zu ergreifen.
  3. Die Beurteilung wird in Form eines Workshops durchgeführt, an dem Beschäftigte, Mitarbeitervertreter, Führungskräfte sowie interne und externe Experten teilnehmen. Die Ergebnisse der Erhebungen werden gemeinsam diskutiert, analysiert und es werden Maßnahmen geplant. Idealerweise ist dieses Gremium auch schon beschlussfähig und entscheidungsbefugt. Nötigenfalls können im Workshop auch die möglichen Ursachen für auffällige Ergebnisse diskutiert werden. Da diese Form der Auswertung sehr anspruchsvoll ist, sollte sie auf jeden Fall professionell moderiert werden. Außerdem ist die Teilnahme von Fachexperten, wie z. B. Arbeitspsychologen und -mediziner, Fachkräfte für Arbeitssicherheit usw., unbedingt nötig. Eine gute Gefährdungsbeurteilung kommt nicht ohne arbeitswissenschaftliches Fachwissen aus.

Abb. 2: Risikomatrix für die Beurteilung der Schwere einer Belastung

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge