Die Positive Psychologie, wie sie heute als Wissenschaft mit all ihren Theorien, Kritiken und Interessen bekannt ist, lässt sich auf Martin Seligmans Antrittsrede zu seinem Amt als Präsident der American Psychological Association (APA) 1998 zurückführen.[1] Seligman und Mihaly Csikszentmihalyi realisierten im Winter 1997[2], dass all die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg die Psychologie 2 ihrer 3 Missionen vernachlässigt hatte. Während sie den Fokus auf die Heilung mentaler Krankheiten gelegt hatte, hatte sie verpasst, anderen Menschen zu einem erfolgreicheren und erfüllteren Leben zu verhelfen wie auch ihre großen Talente und Begabungen zu identifizieren und zu fördern. Diese Erkenntnis brachte Seligman zu dem Wunsch, den Fokus auf die 2 vernachlässigten Aspekte zu legen und seine Amtszeit zu nutzen, um der Psychologie einen positiveren Drall zu geben. 2006 entstand das erste Journal, speziell der Positiven Psychologie verschrieben, das Journal of Positive Psychology. Wenngleich es eine Vielzahl an Definitionen der Positiven Psychologie gibt, so ähneln sie sich doch alle in ihrem Kern:

"Die Positive Psychologie beschäftigt sich in Forschung und Praxis mit den Bedingungen und (Wechsel-)Wirkungen, die eine optimale Entwicklung von Personen, Gruppen und Organisationen ermöglichen (Gable und Haidt 2005; Linley et al. 2006)" (Tomoff 2018, S. 4).

Die Positive Psychologie ist eine mit sich äußerst kritische Disziplin, die es trotz wohlwollender Erkenntnisse aus Forschung und Verstand vermeidet, sich als Allheilmittel zu präsentieren. Aus diesem Grund lohnt es sich, die GpB durch die "Brille" der Positiven Psychologie zu betrachten. Sie lehrt uns, aufgrund der hohen Komplexität des Menschen immer auch den Kontext im Auge zu behalten, in dem Veränderungen geschehen. Andererseits weiß die Positive Psychologie, dass Kontext und Kultur von Organisationen stets auch von einzelnen Menschen geformt werden. Um neben den vielen Facetten des Wohlbefindens im Rahmen der Positiven Psychologie den hier arbeitsanalytischen Fokus beizubehalten, soll an dieser Stelle spezifisch der "Arbeitskontext" der Positiven Psychologie eingrenzt werden. Nach Seligman (2008) liegt der Schwerpunkt auf der organisationalen Ebene mit dem gleichzeitigen Anspruch, positive Emotionen und Charaktereigenschaften sowie Fähigkeiten im unternehmerischen Kontext zu beleuchten.[3] Aufgrund der Dynamik und des Einflusses der Positiven Psychologie in den letzten Jahren werden vermehrt positive Auswirkungen des Arbeitens betrachtet und machen es schwieriger, eine solche positiv geprägte Aufmerksamkeitsverlagerung zu ignorieren.

Der Arbeitsplatz ist zunehmend zu einem Ort geworden, an dem Wachstum und Optimierung einen Grad angenommen haben, der nicht nur Erfolg fordert, sondern vielerorts überdurchschnittliche Leistungen notwendig macht.[4] Das Beheben von Schwächen und Erhöhen von Arbeitszeit sowie -pensum scheinen nicht mehr zu genügen, um Arbeiter produktiver zu machen. Die Positive Psychologie legt mit der Idee "Stärken zu stärken" sicher keinen neuen Grundstein und erhebt auch keinen Anspruch, neue Entdeckungen vorzuweisen, allerdings betont sie die Notwendigkeit, sich von pseudowissenschaftlichen Ansätzen durch ein stringentes und theoriegeleitetes Vorgehen abzuheben.

 
Wichtig

Das Ziel der Positiven Psychologie

Die Positive Psychologie verfolgt das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse und Zusammenhänge in die Praxis zu transferieren und so breit wie möglich nutzbar zu machen. Zunehmend entwickelt sich nicht nur unter Forschern, sondern folgerichtig auch unter den "Praktikern "eine größer werdende Übereinkunft, dass der Arbeitsbereich im Speziellen für die positiven Aspekte einer stärkeren Aufmerksamkeit bedarf. 3 Bereiche, die sich mit dieser von Seligman geprägten Mission verknüpfen lassen, sind:

  1. Positive Organizational Behavior[5],
  2. Psychological Capital[6],
  3. Positive Organizational Scholarship[7].
[1] Seligman (1999): The president’s address. American Psychologist, 54(8), 559–562.
[2] Seligman/Csikszentmihalyi (2000): Positive psychology: An introduction. American Psychologist, 55, 5–14.
[3] Seligman (2008): Positive health. Applied Psychology, 57(s1), 3–18.
[4] Sutcliffe/Vogus (2003): Organizing for resilience. In: Cameron/Dutton/Quinn (Hrsg.): Positive organizational scholarship: Foundations of a new discipline (S. 94, 110), San Francisco: Berrett-Koehler.
[5] Luthans/Youssef (2007): Emerging positive organizational behavior. Journal of Management, 33(3), 321–349.
[6] Luthans/Youssef/Avolio (2007): Psychological capital. New York: Oxford University Press.
[7] Cameron/Dutton/Quinn (2003): An introduction to positive organizational scholarship (S. 3–13). San Francisco: Berrett-Koehler.

3.1 Positive Organizational Behavior

Positive Organizational Behavior (POB) ist eine der durch die Positive Psychologie stimulierten positiv orientierten Forschungsrichtungen. Luthans (2002, S. 59) definierte POB als die Wissenschaft und Anwendung positiv orientierter menschlicher Stärken und psychologischer Kapazi...

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