Nach Auswahl des Wirkungsmodells und der Inhalte ist es aus fachlicher Sicht ratsam, nach vorhandenen Standardfragebögen zu suchen. Da im BGM mittlerweile einige sehr gute, wissenschaftlich evaluierte und praxistaugliche Tools zur Verfügung stehen, sollte, sofern geeignet, auch auf diese zurückgegriffen werden. Der Vorteil bei einigen dieser Verfahren ist, dass Vergleiche mit Referenzwerten möglich sind. In diesem Fall wäre es ratsam, auf eine Eigenkonstruktion/-entwicklung zu verzichten.
Urheberrecht
Bei der Entwicklung des Fragebogens ist auf darauf zu achten, dass einige dieser standardisierten Verfahren urheberrechtlich geschützt sind und ggf. einer Nutzungs- bzw. Lizenzgebühr unterliegen. Zudem ist, je nach Verfahren, auch eine gewisse fachliche Nutzerqualifikationen erforderlich (d. h. spezifisches Fachwissen sowie Interpretationskenntnisse).
Nutzen standardisierter Verfahren
In der BGM-Praxis haben sich vertiefende Analysen anhand spezieller Screening- bzw. Expertenverfahren durchgesetzt, da auf dieser Basis eine konkrete Risikobeurteilung und Vergleiche mit anderen (Berufs-)Gruppen möglich sind. Einige dieser Verfahren können auch branchenübergreifend eingesetzt werden. Dieses fundierte Vorgehen liefert im Ergebnis eine ideale Gesprächsgrundlage für die Ableitung bedarfsgerechter Maßnahmen und erspart unnötige Diskussionen.[1]
Eine mögliche Auswahl an Standardfragebögen im BGM liefert Tab. 2. Bei der Umsetzung ist eine Kombination mehrerer Fragebögen möglich. Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) sowie die Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften (FFAW) haben beispielsweise ihr Online-Tool zur Ermittlung psychischer Belastung um die Themen Corona und Homeoffice ergänzt.[2]
Selbstverständlich können auch andere Fragebögen herangezogen werden. Weitere Instrumente zur Erfassung psychischer Belastung finden sich u. a. auf folgenden Seiten:
- Toolbox Version 1.2 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA),
- Internetplattform "OiRA" der EU-OSHA (2021) mit Tools in unterschiedlichen Sprachen,
- Empfehlungen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA), der Unfallversicherungsträger und Berufsgenossenschaften.
Kategorie | Variablenbereiche | Enthalten in den Fragebögen (Quelle Autoren bzw. Bezugsadresse) |
---|---|---|
Gesundheit | Allgemeiner Gesundheitszustand | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010); SF-36 RAND |
Beschwerden | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010) + FEBA-B (Slesina 1987) | |
Schmerzen | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010) | |
Allgemeine Arbeitszufriedenheit | AO-Psychologie Uni Frankfurt (Holz, 2006); Neuberger & Allerbeck, 1978; Kunin-Skala | |
Gesundheitsverhalten (Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung, Entspannung, Suchtmittelkonsum) | FEG (Dlugosch/Krieger, 1995) | |
Belastungen | Körperliche Belastungen | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010), Belastungen nach Slesina (2004) |
Psychosoziale Belastungen/Stressoren | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010), Belastungen nach Slesina (2004), auch enthalten in COPSOQ (FFAW. 2020), KFZA (Prümper et al., 1995) u. v. m. | |
Belastungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010), Belastungen nach Slesina (2004) | |
(Sicherheits-)Gefährdungen | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010), Belastungen nach Slesina (2004) | |
Belastungen aufgrund Arbeitsorganisation/-gestaltung | WIdO-Fragebogensammlung (Zok, 2010), Belastungen nach Slesina (2004) | |
Belastungen durch Corona/Homeoffice/Mobiles Arbeiten | BG ETEM (2020); COPSOQ (Zusatzfragebogen Covid-19, FFAW, 2020); Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) (2020); Amobil (Kraus/Rieder, 2019) | |
Ressourcen | Soziale Unterstützung/Führungsverhalten/Mitarbeiterführung und Beziehungsklima/Führungskapital | Caplan et al., 1975; SALSA (Rimann/Udris, 1993); WiDO-Fragebogensammlung (Zok, 2010); Bielefelder Sozialkapital-Index (BISI) (Rixgens, 2010); GEFA (Vincent, 2011); ProSoB (Badura et al., 2013) |
Handlungs-, Tätigkeits- und Entscheidungsspielräume | AO-Psychologie Uni Frankfurt (Holz, 2006) | |
Transformationale Führung/interaktionale Fairness | Global Transformational Leadership Scale (Carless et al., 2000) und Colquitt nach Maier et al. (2007) in Otto/Scheel (2020) | |
Spezielle Konstrukte | Arbeitsintensität und Kontrolle | FIT 2.0 (Richter, 2000) |
Gratifikationskrisen/Gerechtigkeit | ERI (Siegrist, 2010) | |
Stress/psychische Belastungen | SVF78 (Erdmann/Janke, o. J.); COPSOQ (FFAW, 2020); FIT 2.0 (Richter, 2000) | |
Burnout | MBI (Neubach/Schmidt, 2000); AVEM (Schaarschmidt/Fischer, 2008) | |
Arbeitsfähigkeit | WAI (WAI-Netzwerk, o. J.) | |
Engagement/Mitarbeiterbindung | AVEM (Schaarschmidt/Fischer, 2008); UWES (Schaufeli et al., 2006); Commitment-Skala (Brücker et al., 2014) | |
Arbeitsweltbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster/Persönlichkeitsmerkmale | AVEM (Schaarschmidt/Fischer, 2008; Bezug über PEARSON Assessment) | |
Work-Life-Balance | COPSOQ (FFAW, 2020) | |
Angst vor Verlust Arbeitsplatz | Fuchs, 2006; Hauser et al., 2008 | |
Einflüsse Arbeits- und Organisationsstruktur/Arbeitsanalyse | KFZA (Prümper et al., 1995) | |
Arbeitsana... |
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